Landkreisbürger, die Geschichte machten
Wettenhauser Gymnasiasten porträtieren Persönlichkeiten, deren Wirken weit über die Region hinaus reichte. In der positiven Reihe gibt es aber auch einen dunklen Schatten
Wettenhausen Freiheit, Demokratie und Rechte sind den Menschen noch selten geschenkt worden. Sie mussten in vielfältiger Weise erkämpft werden. Mal friedlich, meist blutig. Umso wichtiger sei es, sich für diese Werte „standhaft einzusetzen“, betonte Andreas Eberle, der Direktor des St.-Thomas-Gymnasiums in Wettenhausen. Schülerinnen und Schüler der 11. Klassen haben zusammen mit ihrer Lehrerin Astrid Thum fünf Persönlichkeiten aus dem Landkreis porträtiert, die sich zeitlebens – auf durchaus unterschiedliche Weise – für diese Werte stark gemacht haben, auch gegen massive Widerstände. Einer passte nicht in diese positive Reihe, der KZ-Arzt Josef Mengele.
In Wort und Bild hatten die Schülerinnen und Schüler am Dienstagabend die sechs Personen im Thomas-Saal des Gymnasiums vorge- stellt – vor leider spärlicher Kulisse. Die Jugendlichen hätten mehr Interesse verdient, hatten sie sich doch neben dem regulären Unterricht die Mühe gemacht, anlässlich des Jubiläumsjahres „200 Jahre Bayerische Verfassung – 100 Jahre Freistaat“auf historische Spurensuche zu gehen.
Nicht zuletzt für die Rechte der Frauen hatten Thusnelda LangBrumann, Absolventin der Lehrerinnenbildungsanstalt des Klosters Wettenhausen, und die in Günzburg geborene Grünen-Politikerin Petra Kelly gekämpft. Die spätere Schulrektorin Thusnelda Lang-Brumann gehörte von 1920 bis 1933 als Abgeordnete der Bayerischen Volkspartei dem Reichstag an, schon früh hatte sie sich, nicht zuletzt wegen dessen Frauenbild, gegen Hitler ausgesprochen. Nach dem Krieg gehörte sie zu den Gründungsmüttern der Frauen Union in der CSU. Vielfältigen Anfeindungen sah sich noch Jahrzehnte später Petra Kelly, Gründungsmitglied und Vorstandssprecherin der Grünen, ausgesetzt. Dank ihrer Standhaftigkeit, dank ihres Einsatzes für die Rechte der Frauen sowie ihres Kampfes für eine ökologische, soziale und friedliche Welt gehöre die gebürtige Günzburgerin „zu den großen Frauen des 20. Jahrhunderts“, bilanzierten die Referentinnen. Ähnlich tragisch wie das Leben von Petra Kelly endete das Leben von Gustav Landauer, der in zweiter Ehe mit der Krumbacher Lyrikerin Hedwig Lachmann verheiratet war. Der Sozialist und Anarchist war Ende des Ersten Weltkriegs Mitglied der bayerischen Räteregierung, der nach blutigen Kämpfen ein rasches Ende gesetzt worden war. Am 1. Mai 1919 war Landauer verhaftet und schon einen Tag später von rechtsradikalen Freikorpssoldaten erschossen worden. In der Räteregierung war Landauer unter anderem für das Schulwesen zuständig. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Abschaffung der Prügelstrafe an bayerischen Schulen. Sein Erlass hielt nicht lange. Es dauerte bis 1980, ehe im Freistaat die Züchtigung von Schulkindern gesetzlich verboten war.
Vielfältig war das Wirken von Bruno Merk und Georg Simnacher. Eines der Vermächtnisse des früheren Günzburger Landrats und bayerischen Innenministers Bruno Merk ist die Gebietsreform, tragische Stunden musste er ertragen, als palästinensische Terroristen die Unterkünfte israelischer Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München stürmten. 17 Tote waren die verheerende Bilanz.
Besonders hervorgehoben haben die Schülerinnen und Schüler Georg Simnachers Verdienste in sozialer, kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht. Als Günzburger Landrat strukturierte er die Krankenhäuser neu, er machte sich um das wissenschaftliche Institut auf Schloss Reisensburg verdient, er regte die Renovierung der ehemaligen Synagoge in Ichenhausen an und er schuf die inzwischen nach ihm benannte soziale Wohnanlage in Günzburg. Josef Mengele verkörpert die schändlichen Seiten jener, die aus dem Landkreis stammen. Seine Verbrechen sind hinlänglich bekannt.
Er schaffte die Prügelstrafe an den Schulen ab
Zwei Ausstellungen sind in den kommenden drei Wochen noch im Thomas-Saal des Wettenhauser Gymnasiums zu den üblichen Schulzeiten zu sehen eine vom Haus der Bayerischen Geschichte erarbeitete Ausstellung zur Revolution von 1918 sowie eine von Wettenhauser Gymnasiasten zusammengestellte Statistik der Jahre 1918 und 2018.