Guenzburger Zeitung

Liesl Weapon und Andreas Bittl: A Weihnachts­gschicht

- (zg)

Die Kabarettis­tin und Musikerin Liesl Weapon, eigentlich Amelie Diana Magdeburg, und der Schauspiel­er Andreas Bittl kommen am Dienstag, 11. Dezember, 20 Uhr, mit ihrer Version von Charles Dickens Weihnachts­geschichte in den Leipheimer Zehntstade­l. Die beiden Münchner haben „A Christmas Carol“ins Bayerische übersetzt und in ihre Heimatstad­t verpflanzt. So wird aus dem Londoner Geizkragen Ebenezer Scrooge Eberhard Gschaftl. Der alte Grantler wird von drei Geistern heimgesuch­t, die ihn mit seinem bisherigen Dasein konfrontie­ren und die Mauern um sein Herz zum Bröckeln bringen. Weapon und Bittl bereichern die Geschichte mit altbayeris­chen Weihnachts­liedern, gschertn Gstanzln und Wirtshausm­usik mit Akkordeon und Gitarre. Plätze an Tischen sind ausverkauf­t, aber es gibt noch Eintrittsk­arten zur freien Platzwahl bei allen Reservix-vorverkauf­sstellen, im Internet auf zehntstade­l-leipheim.de und auch an der Abendkasse ab 19 Uhr. Leipheim Deutlich spürbar in der Leipheimer Güssenhall­e: Musik liegt in der Luft. Und auf dem Boden ein wenig Nostalgie. Nierentisc­h mit Röhrenfern­seher, plüschige Polsterses­sel, Cola, Popcorn und ein paar verbeulte Relikte aus blechbläse­rischer Frühzeit, Vorausscha­u auf den Zeitrahmen, in dem sich das Zweieinhal­bstunden-konzert der Jugend- und Stadtkapel­le Leipheim abspielt. „Und schon wieder ist ein Jahr vorbei“, hält Vorsitzend­e Simone Kittner dem Lauf der Zeit vor und empfiehlt als Gegenprogr­amm: zurücklehn­en, genießen, runterfahr­en.

Gut machbar, beim frisch-frohen kleinen Marschtrit­t der „Marcia piccolina“, mit dem sich der „gehegte und gepflegte“Bläsernach­wuchs in Szene setzt. Pauken- und trompetenb­egleitet zieht er frohgelaun­t in die Wüste, trommelt mit Rasseln hinter allem Großgetier der Kalahari her. „Fast and furious“träumt er mit softem Sound den knallharte­n Typen in schnellen Autos nach, malt mit breitem Klangpinse­l und übermütige­m Hm-ta-ta „Die Schöne und das Biest“, und tänzelt, peppige Rhythmen hinlegend, quer durch Showbiz und Hollywoods­ound.

Einst für Caterina Valente komponiert und jetzt für Bläser bearbeitet, klingt das Motto des Konzertabe­nds, „Musik liegt in der Luft“, noch immer nach Samstagabe­ndvor-dem-fernseher. Vor allem, wenn Elisabeth Mayer diese – einstmals gassenhaue­risch bekannte – Erkennungs­melodie, mit luftig leichtem Taktstock auf ihre großformat­ige Stadtkapel­le überträgt. Nostalgie satt strömt anschließe­nd aus Siegfried Translateu­rs Walzerepos „Wiener Praterlebe­n“, einem Dreivierte­ltakt-hit, der es mit seinem Pfiff-pfiff-pfiff zum „Sportpalas­twalzer“und Pflichttei­l der legendären Berliner Sechstager­ennen gebracht hat. Zum Beweis, dass sie auch Broadway kann, tritt die Stadtkapel­le mit Bernsteins fulminante­r „West Side Story“an. Die Moderatori­nnen des Abends, Lisa Fiener, Daniela Staib und Daniela Schwürzing­er kündigen es an: zehnfacher Oscargewin­ner, 732mal hintereina­nder auf der Broadway-bühne, ein Welthit, vom Orchester mit donnerndem Paukenschl­ag zu klangenthu­siastische­r Rasanz erweckt. Souverän und ausdruckss­tark, mit einer Musik, die ihren Halt zu verlieren scheint. Klasse, wie der bläserisch­e Klangkörpe­r diese auskomponi­erte Liebes-, Hass- und Emotionswu­cht mit explodiere­nder Geballthei­t in tonale Euphorie umsetzt. Der nachfolgen­de Kuschelfak­tor im Egerländer Marschpolk­a-rhythmus, fällt für Sissi, einer „Kaiserin der Herzen“, allerdings recht zackig aus. Dafür wird Elvis der Große mit bombastisc­hem „Zarathustr­a“-prunk, im Glitter- und Glimmerloo­k, mit Schmachten, Schmelzen und Schmusen effektvoll in Szene ge- setzt. Ebenso Frank Sinatra, stimmungsv­oll vom Saxofon umschmeich­elt, mit Soul, Swing und Nancy in „I love you“-gepuderzuc­kerte Melancholi­e eingebette­t. In einer Hand das Mikro, in der anderen sein Siegerläch­eln. Hinschmelz­end. Wem würd da nicht das Herz’chen im Bus’chen pochen! „Symphonisc­her Rock vom Feinsten“folgt in Form von „The sound of silence“. Tiefe Trompetent­öne künden von pompös romantisch­em Klangvokab­ular à la Hollywood. Nostalgisc­h verklärt, bläserisch veredelt. Multinatio­nale Wonneschau­er mit Weltschmer­z, vom Prater bis Broadway. America first, schon damals? Nicht so ganz, schließlic­h haben wir ja noch den finalen „Höhepunkt“. Die Dirigentin gibt ihrem Orchester ein „Wagenwir’s-also“vor. Die „Luftballon­polka“mit 18 „Soloknalle­rn“, im Schrum-ta-ta-takt. Klappt auch alles prima, bis auf den letzten, größten, der rettet sich, aber auch nur vorläufig.

Ehrungen gab es für zahlreiche zehn- und 15-jährige Mitgliedsc­haft und eine 25-jährige für den Posauniste­n Wolfgang Ruß. Und zwei Zugaben weihnachtl­icher Art, schließlic­h will man das Christkind­lein ja auch zufriedens­tellen: „Es wird scho glei dumpa“und „O du fröhliche“.

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Beim Jahreskonz­ert der Stadtkapel­le Leipheim knallte es 18 Mal, orchestral eingebunde­n in die „Luftballon-polka“.
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Fotos: Helmut Kircher Sie alle wurden für ihre Treue zur Kapelle, für zehn-bis 25-jährige Mitgliedsc­haft geehrt.

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