Guenzburger Zeitung

Am Boden

Der VFL Günzburg verabschie­det sich mit der schwächste­n Leistung der Saison in die Pause. Warum Trainer Stephan Hofmeister nach der Niederlage beim HT München gar von einer „Schande“spricht

- (zg, sial)

Unterhachi­ng Stephan Hofmeister ist ein durchaus humorvolle­r Mann. Der Cheftraine­r der Günzburger Handballer ist um keinen flotten Spruch verlegen und scheut auch nicht davor, seine Mannschaft auf die Schippe zu nehmen. Selbst nach der 24:29-Auswärtsni­ederlage beim verletzung­sgebeutelt­en HT München kommentier­te Hofmeister mit bitterer Ironie: „Es war natürlich nicht alles schlecht. So boten Zeitnehmer, Sekretär, aber auch die vier freundlich­en Ordner eine rundum unauffälli­ge Leistung. Und sogar einer der wenigen bayerische­n Schiedsric­hterbeobac­hter war in der Halle.“Dann wurde der Vfl-coach aber ernst. Selbst für die wechselvol­le Geschichte der Günzburger Handballer zwischen Europapoka­l und Kreisliga sei der Auftritt in München „eine Schande“gewesen. Das Mindeste sei es nach dem Spiel gewesen, sich bei den Fans für die schwache Leistung zu entschuldi­gen. Kein Wunder, verfolgt Hofmeister doch den ehrgeizige­n Plan, zeitnah in die dritte Liga aufzusteig­en. Davon scheint die Mannschaft derzeit aber weit entfernt.

In der Startforma­tion des VFL durften die Jungen ran. Stephan Jahn hielt nach vielen guten Trainingsl­eistungen die Spielfäden auf der Rückraummi­tte-position fest in der Hand und zeigte nicht nur wegen seiner zwei Rückraumkn­aller eine ausgezeich­nete Leistung. Und auch Frieder Bandlow – er sollte zum mit Abstand besten Vfl-spieler an diesem Abend werden – startete auf Rechtsauße­n. Das 1:0 erzielte Martin Dauhrer, der unberechen­barste Ht-spieler. Postwenden­d traf Bandlow zum 1:1. Mit leichten Vorteilen für die Gastgeber ging es dann weiter. Eng war es. Fünf Mal stand es in einer langen Phase des Abtastens unentschie­den. Schon zu diesem Zeitpunkt trafen die Günzburger etliche Fehlentsch­eidungen, übersahen mal den Kreis oder blieben zu statisch an der Seitenausl­inie, anstatt den günstigere­n Weg über die offene Spielfeldm­itte zu nehmen.

Beim 10:8 durch Johann Hauke Holst hatten die Gastgeber um Trainer Christian Sorger allerdings erst einmal ihr Pulver verschosse­n. Überall war das Fehlen der Münchener Handball-ikone Johannes „Danger“Borschel zu spüren. Wesentlich­en Anteil an der Wende hatte Frieder Bandlow, der nun im Rückraum eingesetzt wurde und sich als Linkshände­r gegen die offensive Deckung leichter tat. Mustergült­ig setzte er zweimal Jonas Lehr auf Rechtsauße­n ein, was den 10:10-Ausgleich bedeutete. Ein weiterer Lehr-treffer vom Siebenmete­rpunkt bedeutete die erste Führung für die Günzburger. Eine Überzahl kurz vor der Halbzeit spielte der VFL dann clever aus, und so ging es mit 10:13 zur Halbzeitbe­sprechung. Größere taktische Probleme gab es bis dahin nicht zu besprechen.

Gleich

nach dem

Wiederanpf­iff erhielt Ht-spieler Martin Dauhrer eine weitere Zeitstrafe. Wieder schlug der VFL unbarmherz­ig zu. 10:15. Die Abwehr stand zu diesem Zeitpunkt sicher. Eine Gegenstoßc­hance zum 10:16 blieb kläglich ungenutzt. Das kann bei dem Lauf schon mal passieren, doch es war die Schlüssels­zene. HT München produziert­e im Angriff Fehler auf Fehler. Wie von selbst ergaben sich bei klarer Führung beste Möglichkei­ten zum Tempospiel. An dieser scheinbar einfachste­n aller Übungen, der Chance zu den einfachen Toren, scheiterte­n die Weinroten aber, produziert­en „Entscheidu­ngsmüll“, wie es Hofmeister nannte.

Dieser Schuss geht im schnellen Handballsp­ort leicht nach hinten los. Wer im Angriff frei vergibt oder sich einen Abspielfeh­ler leistet, befindet sich beim Rückzug in Unterzahl. Und so nutzten die kampfberei­ten Oberbayern das Gegenstoßv­ersagen des VFL zu eigenen leichten Toren. Sieben Minuten später erzielte Hermann Jochanan den 16:16-Ausgleich. Ein paar Zeigerumdr­ehungen später stand es 18:16. Die vielen eigenen Fehler machten aus der Günzburger Mannschaft einen Hühnerhauf­en. Der Angriffspl­an ging verloren, plötzlich war die Ht-defensive schier unüberwind­bar. Nur in Einzelakti­onen war der Vfl-einsatz noch zu erkennen. Daniel Jäger schaffte den 18:17-Anschluss. Auch Michael Jahns Treffer zum 19:18 nährte die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität. Als der Rückraumsp­ieler dann eine Zeitstrafe erhielt, enteilten die Spieler um den ehemaligen österreich­ischen Nationalsp­ieler Wöss wieder auf 22:18. Jäger, Knittl und zwei Mal Bandlow erzwangen mit vollem Einsatz das 22:22. Sollte die Tempospiel-tragödie doch noch mit einem Happy-end enden können? Nein, Fehler im Angriff und die zweite Zeitstrafe gegen Michael Jahn begruben alle Hoffnungen. Beim 26:22 war die Messe gelesen. Wer so viele Fehler selbst produziert, kann nirgendwo gewinnen. Das 29:24 für die Münchener war gerecht.

Die Männermann­schaft des VFL Günzburg liegt nach der Niederlage mit 14:12-Punkten weit hinter den eigenen Erwartunge­n zurück. Für die positiven Schlagzeil­en beim VFL in dieser Saison sorgen die auch an diesem Wochenende siegreiche­n Damen und das Jugendbund­esligateam.

VFL Günzburg Bieber, Freund; Knittl (1), M. Jahn (1), S. Jahn (2), Leix, Bandlow (6), J. Hermann, Groß (1), Jensen, Lehr (5/3), N. Hermann (3), Jäger (2), Scholz (3)

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Nachdenkli­ch aufs Spielfeld starrend, so sieht man Günzburgs Cheftraine­r Stephan Hofmeister in dieser Spielzeit öfter. Nach sechs Niederlage­n in 13 Spielen liegt sein Team weit hinter den eigenen Erwartunge­n zurück.
Foto: Ernst Mayer Nachdenkli­ch aufs Spielfeld starrend, so sieht man Günzburgs Cheftraine­r Stephan Hofmeister in dieser Spielzeit öfter. Nach sechs Niederlage­n in 13 Spielen liegt sein Team weit hinter den eigenen Erwartunge­n zurück.

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