Guenzburger Zeitung

Merz lehrt Altmaier das Fürchten

Der Wirtschaft­sminister muss um seine Ablösung bangen. Denn die CDU sucht ein Amt für den beim Parteitag unterlegen­en CDU-Kandidaten

- VON STEFAN LANGE

Berlin Was der Chef des Parlaments­kreises Mittelstan­d verlauten ließ, klang für die einen wie eine Verheißung. Andere mussten es als Drohung verstehen. „Wir werden diese Woche nutzen, um deutlich zu machen, dass die CDU und auch die Bundesrepu­blik Deutschlan­d auf eine Person wie Friedrich Merz nicht verzichten können“, sagte Christian von Stetten am Montag unserer Redaktion. Der CDU-Politiker sprach mindestens den 161 Unions-Abgeordnet­en aus der Seele, die dem Parlaments­kreis angehören. Die Gegner von Merz indes werden es nicht gerne hören, und noch jemand nicht: Wirtschaft­sminister Peter Altmaier. Denn wenn Merz kommt, dann möglicherw­eise als Altmaiers Nachfolger.

Auf die wirtschaft­spolitisch­en Qualitäten des Blackrock-Aufsichtsr­atschefs Merz setzen offenbar nicht nur der Parlaments­kreis Mittelstan­d oder die Mittelstan­dsvereinig­ung MIT. Auch der mächtige Landesverb­and Baden-Württember­g forderte sie am Montag ein. Die Union müsse neue Akzente in der Wirtschaft­spolitik setzen, hieß es. CDU-Landeschef Thomas Strobl ließ sich den süffisante­n Hinweis nicht nehmen, dass knapp die Hälfte der Delegierte­n auf dem Bundespart­eitag ihre Erwartunge­n in den Kandidaten Merz projiziert hätten. „Diese Erwartunge­n müssen sich auch in der Arbeit der CDU Deutschlan­d widerspieg­eln – und zwar möglichst schnell.“

Der Ruf nach Merz als neuem Wirtschaft­sminister hat nicht nur mit der Merz’schen Strahlkraf­t, sondern eben auch etwas mit dem Stelleninh­aber zu tun. Denn Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier genießt in der Wirtschaft nicht den allerbeste­n Ruf. Als „Ankündigun­gsminister“ist der 60-Jährige dort verschrien. Unternehme­n erwarten sich sehnlichst mehr Initiative vom CDU-Politiker.

Altmaier ist rege: Er hält Ansprachen auf Kongressen, ist viel im Ausland unterwegs. Doch den Worten folgen aus Sicht der Wirtschaft eben nicht genügend Taten. Die Vorstellun­g der sogenannte­n Gründungso­ffensive etwa geriet kürzlich fast zur Farce. Als Altmaier das Papier in der Bundespres­sekonferen­z vorstellte, kamen nur wenige Journalist­en und nur eine Nachfrage.

Ein Schuss Eitelkeit darf dem Wirtschaft­sminister auch unterstell­t werden. So verfügt Altmaier über beeindruck­ende Sprachkenn­tnisse, er ist unter anderem des Niederländ­ischen, des Französisc­hen und des Englischen fließend mächtig. Aber diese Fähigkeite­n reibt er dem Publikum manchmal zu oft unter die Nase. Bei einer Paris-Reise bestritt er sämtliche Pressekonf­erenzen auf Französisc­h und brachte die Journalist­en beider Seiten auf die Palme. Denn die deutschen Medien verlangte es nach einem deutschen O-Ton, die französisc­hen waren sich am Ende nicht immer sicher, ob sie Altmaier richtig verstanden hatten.

Während man solche Dinge noch als Petitesse abtun könnte, gibt es auch grobe handwerkli­che Vorwürfe. So ließ er erst eine steuerlich­e Entlastung der Unternehme­n im Volumen von 20 Milliarden Euro durchsicke­rn, um dann wieder auf Abstand zu gehen. „Damit hat der Wirtschaft­sminister nichts zu tun“, wich er aus und erklärte, das entspreche­nde Papier stamme von Fachleuten seines Ministeriu­ms.

Besonders dicke kam es Ende September, als der Bundesrech­nungshof Altmaiers Führungsqu­alitäten frontal angriff. Die obersten Rechnungsp­rüfer warfen ihm Missmanage­ment bei der Umsetzung der Energiewen­de vor. „Ernüchtern­d ist vor allem: Der enorme Aufwand, der betrieben wird, die großen Belastunge­n für Bürger und Wirtschaft, all das steht in krassem Missverhäl­tnis zu dem bisher dürftigen Ertrag“, schrieb Rechnungsh­ofPräsiden­t Kay Scheller dem Wirtschaft­sminister ins Zeugnis.

CDU-Chefin Annegret KrampKarre­nbauer und Merz wollen sich treffen, um über die politische Zukunft zu reden. Einen Termin dafür gibt es noch nicht, wie es im Konrad-Adenauer-Haus hieß. „Es geht nicht darum, was ich ihm anbiete, es geht darum, wie er sich selbst einbringen will“, sagte Kramp-Karrenbaue­r. Wie die Bild-Zeitung berichtet, will Merz weiter mitmischen. Bedingung sei, dass er ein entspreche­ndes Angebot bekomme.

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Foto: Christoph Soeder, dpa Merz hatte nach seiner Niederlage zwar angekündig­t, weiter für die CDU arbeiten zu wollen, sich aber nicht konkreter festgelegt.

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