Guenzburger Zeitung

Mutter zeigt psychisch kranken Sohn bei der Polizei an

Er drohte, sie im Schlaf anzuzünden. Später diagnostiz­ieren Ärzte eine Psychose. Bestraft wird der 19-Jährige nicht

- VON ALEXANDER SING

Günzburg Wenn eine Mutter ihren eigenen Sohn bei der Polizei anzeigt, muss etwas Schlimmes passiert sein. Wenn es so weit kommt, wissen sich Eltern meist nicht mehr anders zu helfen. So war es auch im Juni 2018. Eine Mutter erscheint in Begleitung ihrer Tochter auf der Polizeiwac­he in Wertingen. Ihr 19-Jähriger Sohn, der im Landkreis Günzburg lebt und gerade bei ihr zu Besuch ist, habe gedroht, sie im Schlaf anzuzünden. Damit habe der junge Mann erreichen wollen, dass die Mutter den getrennt lebenden Ehemann wieder in die Wohnung lässt.

Zwei Polizisten fahren zu der Wohnung im Landkreis Dillingen. Dort treffen sie auf den 19-Jährigen. „Er war definitiv nicht normal“, sagt einer der Beamten später vor Gericht. „Er hatte sich die Haare abrasiert und gesagt, er wäre vom Teufel besessen und wir sollten ihn erschießen. Wir konn- ten nicht einschätze­n, ob er aggressiv werden könnte oder nicht.“Bereits vor der Bedrohung seiner Mutter war der junge Mann psychisch auffällig, die Familie kam immer weniger mit ihm klar. Schließlic­h bringen die Polizisten den 19-Jährigen ins Bezirkskra­nkenhaus (BKH) nach Günzburg. Die Ärzte stellen dort später eine schizophre­ne Psychose fest. Erst Anfang Oktober kann er das BKH wieder verlassen. Zwei Monate später sitzt er vor dem Jugendrich­ter am Amtsgerich­t Günzburg. Nötigung wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft vor. Der Angeklagte erscheint mit seiner gesetzlich bestellten Betreuerin. Sein Leben kann er trotz der Behandlung seiner Krankheit aktuell

Symbolfoto: Alexander Kaya nicht selbst regeln.

Schnell wird klar: Die eigentlich­e Tat ist in der Familie längst vergessen. Er habe seine Drohung nie in die Tat umsetzen wollen, betont der Angeklagte. Er habe nur erreichen wollen, dass seine Familie wieder zusammen kommt. Auch die Mutter will keine Bestrafung für ihren Sohn, auch wenn sie damals tatsächlic­h Angst gehabt habe, dass er ihr etwas antut.

Tatsächlic­h ist es schwer, ein gerechtes Urteil zu finden. Wie ein Arzt bescheinig­te, kann der junge Mann nur sehr eingeschrä­nkt arbeiten. Das zeigen auch die noch nicht abgeleiste­ten 385 Arbeitsstu­nden, die wegen vielfachen Schuleschw­änzens offen sind. Das macht eine Geldstrafe ebenfalls sinnlos. Auch ein Arrest kommt nicht in Frage. Denn der gebürtige Iraker, der seit vier Jahren in Deutschlan­d lebt, will so bald wie möglich zurück in seine Heimat. Eine Gefängniss­trafe würde das nur unnötig in die Länge ziehen.

Richter Daniel Theurer belässt es daher bei einer Verwarnung. „Sieh zu, dass du so stabil wirst, dass du heim kannst“, gibt er dem 19-Jährigen noch mit auf den Weg. Denn die Regierung von Schwaben will ihn bloß in den Flieger in den Irak setzen, wenn keine Gefahr von dem psychisch labilen Mann ausgeht. Sollte er medikament­ös soweit eingestell­t sein, könne er nach Auskunft seiner Betreuerin schon im Januar Deutschlan­d verlassen.

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