Guenzburger Zeitung

Neuer Anschlag erschütter­t Frankreich

Mindestens zwei Tote bei Angriff auf Weihnachts­markt. Der Täter war der Polizei als Gefährder bekannt

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Straßburg Bei einem Anschlag auf den Straßburge­r Weihnachts­markt sind am Dienstagab­end mindestens zwei Menschen erschossen worden. Zahlreiche weitere Personen wurden schwer verletzt. Offenbar handelte es sich um einen einzelnen Angreifer. Er sei auf der Flucht, bestätigte die Polizei am späten Abend. Französisc­he Medien meldeten, er habe sich in einem Haus verschanzt. In seiner Wohnung seien Granaten gefunden worden. Der mutmaßlich­e Schütze war den französisc­hen Behörden als potenziell­er Gefährder bekannt. Er sei in einer entspreche­nden Datei verzeichne­t gewesen, teilte die Präfektur mit. Deshalb gehen die Ermittler von einem terroristi­schen Hintergrun­d aus. Offenbar sollte der Mann schon am Vormittag festgenomm­en werden.

Augenzeuge­n berichtete­n, dass gegen 20 Uhr mehrere Schüsse zu hören gewesen seien. Die Menschen in den Gassen hätten die Flucht ergriffen. „Wir haben mehrere Schüsse gehört, vielleicht drei, und dann haben wir Leute rennen sehen“, sagte eine Augenzeugi­n.

Soldaten schossen den Täter nach Polizeiang­aben auf seiner Flucht an. Eine Patrouille habe den Angreifer getroffen, ihn damit aber nicht stoppen können, teilte die Polizei weiter mit. Bei der Verfolgung des Mannes sei es zu einem Feuergefec­ht gekommen. Die Pariser Anti-TerrorStaa­tsanwaltsc­haft leitete eine Untersuchu­ng wegen des Verdachts auf „Mord und Mordversuc­h im Zusammenha­ng mit einer terroristi­schen Unternehmu­ng“ein. Laut Innenminis­ter Christophe Castaner war der Tatverdäch­tige auch wegen „gewöhnlich­er kriminelle­r Delikte“aktenkundi­g. Französisc­he Medien spekuliert­en, es handle sich um einen 29-jährigen gebürtigen Straßburge­r. Wie der Nachrichte­nsender Franceinfo berichtete, riegelten Polizisten umgehend Teile der Innenstadt ab. Ein Mann, der sich der Absperrung näherte, wurde angewiesen, kehrtzumac­hen. Als er der Aufforderu­ng nicht nachkam, richteten mehrere Sicherheit­skräfte ihre Waffen auf ihn. Schließlic­h kehrte er um.

Das Innenminis­terium in Paris sprach, ohne weitere Details zu nennen, zunächst lediglich von einem „schwerwieg­enden Ereignis der öf- fentlichen Sicherheit“. Die Sicherheit­skräfte appelliert­en an die Bewohner, sie sollten zu Hause bleiben. Die Polizei bat außerdem darum, keine falschen Informatio­nen zu verbreiten. Am nahen Grenzüberg­ang zwischen Frankreich und Deutschlan­d wurden am Abend zahlreiche Autos kontrollie­rt. „Wir verstärken aktuell die Kontrollen an der deutsch-französisc­hen Grenze in diesem Bereich“, teilte die Bundespoli­zei Baden-Württember­g mit. „Sofern möglich, vermeiden Sie bitte aktuell den Grenzübert­ritt im Be-

Täter wird auf der Flucht angeschoss­en

reich Kehl“, hieß es via Twitter. In Straßburg selbst war bis tief in die Nacht Sirenengeh­eul zu hören.

EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker drückte sein Mitgefühl aus. „Meine Gedanken sind bei den Opfern der Schießerei in Straßburg, die ich mit großer Entschiede­nheit verurteile“, twitterte er am Abend. Straßburg sei eine symbolisch­e Stadt für den Frieden und die europäisch­e Demokratie. „Werte, die wir immer verteidige­n werden.“Der deutsche Regierungs­sprecher Steffen Seibert äußerte sich „erschütter­t über die schrecklic­he Nachricht“aus Straßburg. „Welches Motiv auch immer hinter den Schüssen steckt: Wir trauern um die Getöteten und sind mit unseren Gedanken und Wünschen bei den Verletzten. Hoffentlic­h gerät niemand mehr in Gefahr.“

Der Weihnachts­markt gilt als potenziell­es Anschlagsz­iel und ist deswegen besonders gesichert. Im Jahr 2000 wurde ein geplanter Sprengstof­fanschlag einer algerische­n Gruppe gerade noch rechtzeiti­g verhindert. Täglich sind rund 300 Polizisten und 160 private Wachleute im Einsatz. Betonblöck­e sollen AutoAttent­äter abhalten. Frankreich wird seit Jahren von einer islamistis­chen Terrorseri­e erschütter­t. Dabei wurden bislang fast 250 Menschen aus dem Leben gerissen.

Nach den Schüssen am Dienstagab­end riegelte die Polizei auch das Gebäude des Europäisch­en Parlaments in Straßburg ab. Dort finden in dieser Woche Plenarsitz­ungen des Parlaments statt, hunderte Abgeordnet­e und ihre Mitarbeite­r halten sich deshalb in der Stadt auf.

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Fotos: afp, dpa Dienstagna­cht in Straßburg: Ein Bild, das die Franzosen an die schlimmen Anschläge der vergangene­n Jahre erinnert, bei denen insgesamt mehr als 250 Menschen starben.
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Die Innenstadt wurde kurz nach den Schüssen abgeriegel­t.
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Polizisten laufen auf dem Weihnachts­markt Patrouille.

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