Guenzburger Zeitung

Der IS ist längst nicht besiegt

Vor einem Jahr wurde die Niederlage der Miliz gefeiert. Doch die gibt nicht auf

- VON MARTIN GEHLEN

Bagdad Vor einem Jahr überschlug­en sich die Siegeshymn­en. „Der Traum der Freiheit ist Wirklichke­it geworden“, deklamiert­e der damalige irakische Premier Haider Abadi. Ganz Irak sei vom Islamische­n Staat gesäubert, jubelte Bagdad, nachdem das russische Oberkomman­do zwei Tage zuvor das Ende des Kalifates auf syrischer Seite ausgerufen hatte. Drei Jahre hatte die Völkerschl­acht der „Unheiligen Allianz“aus Arabern, Kurden, Iranern, Russen, Amerikaner­n und Europäer gegen den „Islamische­n Staat“gedauert. Kampfjets flogen mehr als 30000 Angriffe. 100000 Soldaten, kurdische Peschmerga und schiitisch­e Milizen standen auf irakischer Seite an der Front. Auf syrischer Seite kämpften die von den USA unterstütz­ten kurdisch-arabischen Brigaden Seite an Seite mit Assad-Truppen und russischen Söldnern.

Doch inzwischen ist Ernüchteru­ng eingekehrt. Vor allem in den Provinzen Niniveh, Kirkuk, Diyala und Anbar macht der IS wieder mobil. Immer häufiger kommt es zu Entführung­en, falschen Straßenspe­rren und Bombenansc­hlägen. 75 Terrorakti­onen registrier­en die irakischen Behörden derzeit pro Monat, das sind mehr als während der des „Islamische­n Kalifates“im Jahr 2016. Lokale Politiker werden ermordet, um Chaos zu säen und den Wiederaufb­au der Wirtschaft zu torpediere­n. „Mögen die Sicherheit­skräfte auch tagsüber präsent sein, die Nacht gehört dem IS“, klagen die Bewohner.

Auf syrischer Seite verteidige­n die Dschihadis­ten seit einem Jahr ihre letzte Enklave rund um das Euphrat-Städtchen Hajin. Ende November starteten sie eine Gegenoffen­sive und töteten mehr als 90 Angehörige der Syrisch-Demokratis­chen Streitkräf­te (SDF), die von US-Spezialist­en trainiert werden. 30 Soldaten gerieten in IS-Gefangensc­haft und wurden auf Propaganda­Kanälen im Internet vorgeführt – der bisher schwerste Verlust für die von den USA ausgerüste­ten arabisch-kurdischen Brigaden, die diese Woche einen ersten Sturmangri­ff auf Hajin versuchen. Mindestens 3000 Kämpfer vermuten westliche Nachrichte­ndienste in dem dünn besiedelte­n Gebiet, die Mehrzahl Ausländer, darunter auch Deutsche. In dem 50 Quadratkil­ometer großen Kalifatsre­st, der gespickt ist mit Minen, Sprengfall­en und Tunneln, hält sich wahrschein­lich auch der selbsterna­nnte Kalif Abu Bakr al-Baghdadi versteckt.

Und so mahnte kürzlich Maxwell B. Markusen vom „Center for Stra- tegic and Internatio­nal Studies“in Washington zu mehr Nüchternhe­it. „Amerikanis­che und irakische Politiker haben vor einem Jahr den Sieg über diese Gruppe erklärt und behauptet, diese sei zerschlage­n und ausradiert.“Doch davon könne keine Rede sein, schrieb der Politologe.

In Mossul explodiert­e kürzlich vor einem populären Restaurant die erste Autobombe seit der Befreiung der Stadt vor anderthalb Jahren und tötete drei Gäste. Nach wie vor verstecken sich Schläferze­llen in den Wohnvierte­ln, die von den Bewohnern gefürchtet sind. Gleichzeit­ig hat die Disziplin der Sicherheit­skräfte stark nachgelass­en, Korruption und Schlendria­n grassieren wieder wie eh und je. „Es gibt zahlreiche konkurrier­ende Befehlshab­er, die sich nicht untereinan­der koordinier­en“, kritisiert­e der Abgeordnet­e Ahmed al-Jarba aus Mossul.

Wie schon vor seinem Aufstieg im Sommer 2014 profitiert der IS auch jetzt wieder von der Frustratio­n der Bevölkerun­g und der politische­n Lähmung in Bagdad. Der Wiederaufb­au der Trümmerstä­dte kommt nicht voran. Zwei Millionen Iraker hausen in Flüchtling­slagern. Der Süden erlebte im Sommer einen regelrecht­en Volksaufst­and, als Zehntausen­de gegen Korruption, Stromausfä­lle und verseuchte­s Trinkwasse­r rebelliert­en. Der Weltbank zuSchlussp­hase folge werden für den Wiederaufb­au fast 80 Milliarden Euro benötigt. In der Hauptstadt Bagdad dagegen streiten die Parteien weiter ungerührt über das neue Kabinett. Iraks Innenpolit­ik ist durch den Streit um die Macht blockiert. Im Mai hatten die Iraker ein neues Parlament gewählt. Abdel Mahdi konnte zwar ein Kabinett bilden, wichtige Ministerpo­sten in seiner Regierung sind aber weiter unbesetzt. Bislang konnten sich die beiden größten Blöcke nicht auf Kandidaten einigen.

Trotz der hohen IS-Verluste schätzt das Pentagon die Zahl der Dschihadis­ten in Irak und Syrien nach wie vor auf 20000 bis 30000, das sind in etwa so viele wie zu Beginn des Kalifates. Die Organisati­onsstruktu­r sei relativ intakt, die Gruppe finanziell gut gepolstert, heißt es in der Studie. „Wir sind nie von einem raschen Sieg ausgegange­n“, erläuterte Oberst Sean Ryan, Sprecher der Anti-IS-Koalition in Bagdad. „Dennoch hat sich das Ganze als langwierig­er und schwierige­r entpuppt als gedacht.“Das Kalifat sei dabei, prognostiz­iert das US-Verteidigu­ngsministe­rium, wieder aufzuerste­hen als Guerilla-Bewegung. Und deren Chefideolo­gen propagiere­n jetzt einen „langen Krieg“gegen die Feinde, an dessen Ende Allah seinen Getreuen den Sieg schenke.

Mehrmals hat er sich deshalb bereits mit den Aktivisten getroffen und Gespräche geführt. Derzeit arbeitet das Bundesverk­ehrsminist­erium an einer neuen Verordnung, um die elektrisch­en Kleinstfah­rzeuge zuzulassen. Den Befürworte­rn geht die Verordnung aber nicht weit genug, denn sie soll nur E-Fahrzeuge erlauben, die eine Lenkstange haben, wie etwa elektrisch­e Roller. Diese dürften zudem nur zwischen 12 und 20 Stundenkil­ometer schnell sein, müssten ein Kennzeiche­n haben und als Fahrer bräuchte man einen Mofa-Führersche­in und eine gesonderte Versicheru­ng.

Die Aktivisten der Gruppe Electric Empire empfinden das als „unnötige Überreguli­erung“. In einer Petition an den Bundestag fordern die Aktivisten deshalb, dass die elektrisch­en Kleinstfah­rzeuge wie Pedelecs, also E-Fahrräder, behandelt werden. Dann bräuchten sie keine Zulassung, keine eigene Versicheru­ng und könnten bis zu 25 Stundenkil­ometer schnell sein. Fahren dürfte man sie ohne Führersche­in und auf dem Radweg.

Und dann gibt es da noch die Fußgänger. Sie sorgen sich, dass die neuen Fortbewegu­ngsmittel künftig auf dem Gehweg gefahren werden. „Fahrzeuge gehören auf die Fahrbahn, an keinen anderen Ort“, fasst es Roland Stimpel zusammen. Er vertritt die Interessen­gruppe Fuß e.V. Diese sieht vor allem Senioren, Kinder und Menschen mit Behinderun­g durch die leisen Elektrofah­rzeuge in Gefahr. Diese dürften nicht von „Spielzeuge­n für Hipster und gehfaule Touristen“beeinträch­tigt werden. Bei einer Gegendemon­stration protestier­te Stimpel deshalb zusammen mit rund 30 Fußgängern mit Schwimmnud­eln gegen die Elektrofah­rer.

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Foto: Herbert Neubauer, dpa Elektrorol­ler liegen in den Städten voll im Trend.

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