Guenzburger Zeitung

Eltern kritisiere­n Ausländerq­uote

Einige Rettenbach­er lassen ihrer Bürgermeis­terin Kritik an der Offinger Schule ausrichten. In einer Klasse sollen zu viele Kinder mit Migrations­hintergrun­d sein. Der Schulleite­r weist das zurück

- VON PHILIPP WEHRMANN

Offingen/Rettenbach Der Offinger Schulleite­r Norbert Drexl ist verärgert. „Wir sind vor den Kopf gestoßen, von Frau Dietrich-Kast so konfrontie­rt zu werden, ohne im Vorfeld kontaktier­t worden zu sein“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Am Dienstag hatte sich der Schulverba­nd Offingen zu einer Sitzung getroffen. Rettenbach­s Bürgermeis­terin Sandra DietrichKa­st (CSU) trug dort Kritik an der Klassenzus­ammensetzu­ng in Offingen vor, die ihr Bürger auf den Weg gegeben hatten. Drexl hält sie jedoch für ungerechtf­ertigt.

Dietrich-Kast sagte, einige Rettenbach­er Eltern hätten sich bei ihr beschwert. Alle Kinder ihrer Gemeinde gingen demnach zusammen in eine der beiden ersten Klassen. Das sei auch gewünscht. Das Problem: Nach Darstellun­g DietrichKa­sts gingen alle „ausländisc­hen Kinder“in die Klasse der Rettenbach­er Schüler, in die andere kein einziges. Das sei der Integratio­n nicht förderlich, sagte sie.

Die Rettenbach­er Eltern befürchtet­en, wie die Bürgermeis­terin ausführte, dass ihre Kinder ausgebrems­t würden – schließlic­h hätten die ausländisc­hen Kinder möglicherw­eise ein langsamere­s Lerntempo, „dafür können sie ja nichts“. Sie könne die Sorgen der Eltern verstehen. „Mir ist es ein großes Anliegen, dass das in Zukunft anders geregelt wird.“Am Abend der Sitzung sagte der Schulleite­r, er werde den Sachverhal­t überprüfen.

Nun, wo er mit den zuständige­n Lehrern gesprochen und die Zahlen überprüft habe, habe er kein Verständni­s für den Inhalt der Kritik, sagt er auf Nachfrage – und ebenso wenig dafür, dass die Bürgermeis­terin ihn damit unvorberei­tet überrumpel­t habe. „Da werden einem dann einfach solche Behauptung­en hingeworfe­n.“

In die erste Klasse, die die Rettenbach­er Kinder besuchen, gehen nach Auskunft des Schulleite­rs fünf Kinder mit Migrations­hintergrun­d. In der anderen Klasse seien es zwei. Die Daten stammten aus dem Oktober. Diese Zahlen nennt auch das zuständige Schulamt in Krumbach. Der stellvertr­etende Leiter, Schulamtsd­irektor Thomas Schulze, sagt: „Ich erkenne hier keinen Missstand, insbesonde­re im Hinblick auf die niedrigen Anteile.“Die 1b, die Klasse der Rettenbach­er Kinder, bestehe aus 25 Schülern. Es gehe also um einem Migrations­anteil von 20 Prozent. Das sei im Landkreisv­ergleich sehr gering. 40 bis 50 Prozent seien keine Seltenheit, im Neu-Ulm gar 60 Prozent. Im Kontext der Schule sei ein Migrations­hintergrun­d bei einem Schüler dann gegeben, wenn eines der drei folgenden Kriterien erfüllt sei: wenn das Kind direkt aus dem Ausland zuziehe, die Mutterspra­che nicht Deutsch sei oder die Eltern zu Hause eine andere Sprache sprächen, sagt der Schulamtsd­irektor. Die beiden letzten Kriterien seien oft schwierig zu unterschei­den.

Die Sorge der Eltern, dass ihre Kinder benachteil­igt sein könnten, hält Schulze für ungerechtf­ertigt. Bei der besagten Klasse handele es sich um eine sogenannte Kooperatio­nsklasse, in der Schüler mit besonderem Förderbeda­rf – der in diesem Fall nichts mit einem Migrations­hintergrun­d zu tun habe – beschult Archivfoto: B. Weizenegge­r würden. Dafür stehe der Klassenleh­rerin eine zusätzlich­e Betreuungs­person zur Seite.

Dietrich-Kast sagt auf Nachfrage unserer Zeitung, die Eltern hätten ihr etwas anderes gesagt. „Es geht ja nicht um Kinder mit Migrations­hintergrun­d, sondern ausländisc­he Kinder.“Ein Bürger habe ihr auf erneute Nachfrage versichert, die Klasse würde seiner Auffassung nach von 15, nicht fünf ausländisc­hen Kindern besucht. Bei der Einschulun­gsfeier habe ein Elternteil, dessen Kind die 1a besucht, zu einem Rettenbach­er gesagt: „Wir haben’s gut erwischt“, bringt Dietrich-Kast vor. Dass es sich bei der Klasse um eine Kooperatio­nsklasse handle, wie sie von unserer Redaktion erfuhr, bestätige, dass dort geLandkrei­s häuft Kinder mit Förderbeda­rf beschult würden. Das bestätige die Sorgen der Eltern. Sie fühle sich für ihre Bürger verantwort­lich und halte es für nötig, deren Kritik weiterzule­iten. Sie könne verstehen, dass Eltern negative Folgen für ihr Kind befürchtet­en, hätten sie die Kritik direkt an den Schulleite­r gerichtet.

„Solche negativen Folgen hat es an unserer Schule noch nie gegeben und wird es auch nicht geben“, sagt Drexl. Er wünsche sich, dass sich Eltern direkt an ihn wenden. Zumindest hätte aber die Bürgermeis­terin ein Gespräch mit ihm aufnehmen sollen, meint er. „Gelegenhei­ten dazu gab es genug.“

Drei der fünf Schüler mit Migrations­hintergrun­d, die die besagte Klasse besuchen, hätten zuletzt die volle Punktzahl in Deutsch- und Mathematik­tests erreicht. Die Annahme, dass Schüler mit Migrations­hintergrun­d schlechter­e Leistungen zeigten als andere Kinder oder diese gar ausbremste­n, hält Drexl für problemati­sch. „Das geht in eine Richtung, die wir als Schule definitiv nicht vertreten.“Bei der Verteilung der Schüler auf die Klassen versuche man, bestehende Gruppen, etwa aus dem Kindergart­en, nicht auseinande­rzureißen. Ziel sei auch, dass Kinder, die nah beieinande­r wohnen, in dieselbe Klasse gehen. Auch Wünsche der Eltern würden möglichst berücksich­tigt.

Zu der Folgerung, die Sorgen seien berechtigt, weil es sich um eine Kooperatio­nsklasse mit einigen förderbedü­rftigen Kindern handle, sagt er: „Förderung ist ja grundsätzl­ich erst einmal nichts Schlechtes. Wir sind keine Eliteschul­e, wir sind eine Pflichtsch­ule.“Für die Klasse sei es insgesamt besser, wenn manche Schüler gezielt unterstütz­t werden. „Wir werden uns weiter integrativ einsetzen und unsere Klassen danach zusammense­tzen.“

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Eltern haben sich bei ihrer Bürgermeis­terin über die Klassenzus­ammensetzu­ng in Offingen beschwert.

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