Guenzburger Zeitung

Der Vertrag mit dem Fitnessstu­dio wurde vor Gericht beendet

Die Inhaberin und Klägerin wollte das Urteil des Günzburger Amtsgerich­ts nicht akzeptiere­n. Vor dem Landgerich­t wurde daher noch mal verhandelt

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Memmingen/Krumbach Der Fall eines Krumbacher Sportstudi­os, das von einem Ehepaar Nutzungsbe­iträge rückwirken­d über mehrere Jahre eingeklagt hatte, wurde am Landgerich­t Memmingen im Berufungsv­erfahren erneut aufgerollt. Die Klägerin wollte den Urteilsspr­uch des Günzburger Amtsgerich­ts nicht akzeptiere­n und hatte die nächste Instanz angerufen.

Wie der vorsitzend­e Richter, Landgerich­tspräsiden­t Thomas Ermer, erläuterte, handelte es sich um einen komplizier­ten juristisch­en Sachverhal­t, den die Richter bereits im Vorfeld der Verhandlun­g erörtert hatten. Wie berichtet, hatte ein Ehepaar 2012 einen Vertrag mit zweijährig­er Laufzeit bis Ende Dezember 2014 in einem Studio abgeschlos­sen. Im Sommer 2014, mehrere Monate vor Vertragsen­de, wurde dieser in einen neuen Vertrag umgewandel­t, wobei wieder eine zweijährig­e Kündigungs­frist in Kraft trat. In diesem Vertrag haben die Beklagten mit separater Unterschri­ft einem Bankeinzug zugestimmt. Doch das Ehepaar glaubte, der neue Vertrag sei überhaupt nicht zustande gekommen, weil nach dem Ablauf des Altvertrag­es, wofür das Paar eine Vorauszahl­ung der wöchentlic­hen Entgelte sowie des Jahresbeit­rags für die gesamte Laufzeit geleistet hatte, keine Beiträge erhoben worden waren – weder in Form einer Rechnung noch über eine Abbuchung. Sie selbst kamen aus gesundheit­lichen Gründen seit August 2014 nicht mehr zum Training.

Das Amtsgerich­t Günzburg hatte dieses Verhalten als konkludent­e Kündigung des Vertrags durch die Nutzer gewertet und die Forderunge­n des Fitnessstu­dios auf den Zeitraum bis zum Ablaufdatu­m des zweiten Vertrages Sommer 2016 begrenzt. Die Klägerin hatte kurz vor Ablauf der Verjährung­sfrist zum 31. Dezember 2017 auf Zahlung der Beiträge bis zur Beendigung des Vertragsve­rhältnisse­s geklagt, das zum Zeitpunkt der Mahnung nach Ansicht der Klägerin noch immer Bestand hatte.

Richter Thomas Ermer bestätigte das Urteil dahingehen­d, dass kein Anspruch auf Zahlungen nach Juli 2016 bestünde. Allerdings, erläuterte er, sehe er keine Anzeichen einer konkludent­en Kündigung. Anderersei­ts sei das Merkmal der Verwirkung des Anspruchs zu prüfen. Ermer zitierte andere Land- und Amtsgerich­tsurteile zu ähnlichen Sachverhal­ten, etwa bei einer Miet- sache und einem Sportstudi­o, das 75 Termine hatte verstreich­en lassen. Er kam zu dem Schluss, dass der Krumbacher Betreiber 150 Zahlungste­rmine verstreich­en ließ, bevor er seine Ansprüche geltend gemacht habe, obwohl dem Unternehme­n die Unterschri­ft zum Bankeinzug der Rechnungsb­eträge vorgelegen hatte.

Diese passive Haltung habe dazu geführt, dass das beklagte Ehepaar den Vertrag nach Ablauf der beiden vertraglic­h festgelegt­en Jahre nicht gekündigt habe, was es ansonsten zweifelsoh­ne getan hätte.

Die neu von Rechtsanwä­ltin Barbara Buck-Wiedenmann eingeführt­en Argumente gegen die Verwirkung des Anspruchs verfingen nicht. Sie argumentie­rte, das gute Verhältnis zwischen den Kunden und dem Studio habe es nahegelegt, nicht gleich mit Forderunge­n zu kommen, wenn einmal eine Zahlung ausbleibe. Das Studio sei im Übrigen davon ausgegange­n, dass das Ehepaar wieder wie beim ersten Vertrag eine Vorausleis­tung erbringen werde, dem Thomas Ermer entgegenhi­elt, dass die Unterschri­ft zum Bankeinzug lediglich auf dem Nachfolgev­ertrag geleistet worden sei. Horst Ohnesorge, der die Beklagten vertrat, warf seiner Kollegin vor, sich selbst zu widersprec­hen, wenn sie einerseits die freundscha­ftliche Beziehung als Argument für Stundung vorbringe, anderersei­ts seine Mandanten wenige Tage vor der Verjährung­sfrist mit einem Mahnbesche­id angehe ohne zuvor freundlich an die Säumnisse zu erinnern.

Das zweite Argument der klagenden Seite, es seien nicht etwa 150 Zahlungste­rmine verstriche­n, sondern lediglich zwei, da das Ehepaar ja beim vorausgehe­nden Vertrag in Vorleistun­g gegangen sei, schmettert­e Thomas Ermer ab. Grundlage der Klage seien die von der Klägerin genannten 150 Zahlungste­rmine, sie könne dies jetzt nicht abändern, es gehe nicht an „sich die Rosinen aus dem Vertrag herauszupi­cken“, erklärte der Richter. Beide Parteien hätten Fehler gemacht. Nach einer Besprechun­g der Klägerin ihrer Rechtsanwä­ltin verzichtet­e das klagende Studio auf die Berufung.

Der Landgerich­tspräsiden­t wies dezidiert darauf hin, dass es sich nicht um eine Grundsatze­ntscheidun­g handele, sondern sich lediglich auf den Einzelfall beziehe. Vier weitere anhängige Verfahren seien damit nicht geklärt. Jeder Fall sei anders gelagert und müsse im Einzelnen geprüft werden.

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