Guenzburger Zeitung

Warum die Überschrif­ten heute anders aussehen

- VON DANIEL WIRSCHING

Fonts for Freedom Man muss nicht weit blicken, um Angriffe von Politikern einer Regierungs­partei auf die Pressefrei­heit beobachten zu können. In Österreich etwa kommen sie regelmäßig vor – durch Mitglieder der rechtspopu­listischen FPÖ, allen voran Innenminis­ter Kickl und Vizekanzle­r Strache.

Welche Folgen Angriffe auf die Pressefrei­heit haben, sieht man vielerorts. In Europa wie auch in Afrika. Dort, im ostafrikan­ischen Tansania, gibt es die Mawio – eine auf Swahili erscheinen­de private Wochenzeit­ung. Mitte Juni 2017 wurde sie für 24 Monate verboten, nachdem sie zwei Ex-Präsidente­n mit Steuerbetr­ug in der Bergbaubra­nche in Verbindung gebracht hatte. Die Überschrif­ten auf dieser Medienseit­e erscheinen im Layout der

Mawio – als Mahnung daran, wie wichtig Pressefrei­heit ist.

Denn ohne unabhängig­en, kritischen Journalism­us ist es um die Freiheit einer Gesellscha­ft schlecht bestellt. Das eine bedingt das andere. Und so ist die Schrift der Mawio Botschafte­rin der Pressefrei­heit. Genau das ist die

Idee, die hinter der

Aktion „Fonts for Freedom“(Schriftart­en für die Freiheit) der Nichtregie­rungsorgan­isation Reporter ohne Grenzen (ROG) steckt. Unsere Redaktion unterstütz­t die Aktion, über die Sie weitere Infos unter www.fonts-forfreedom.com finden. Als schweren Angriff auf die Pressefrei­heit in Deutschlan­d wertet der Deutsche Journalist­enVerband Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Hamburg gegen den Chefredakt­eur des gemeinnütz­igen Recherchez­entrums Correctiv, Oliver Schröm (unser Foto), wegen des Verdachts der Anstiftung zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsge­heimnissen und unbefugter Verwertung. Unter Leitung des Journalist­en hat Correctiv mit 18 Medienpart­nern im Oktober Recherchen zum Cum-Ex-Steuerskan­dal veröffentl­icht. Die Ermittlung­en beziehen sich nach Correctiv-Angaben vom Dienstag allerdings auf frühere Recherchen Schröms. Die Staatsanwa­ltschaft Hamburg übernahm hier ein Verfahren aus Zürich gegen ihn wegen Wirtschaft­sspionage.

Schröm hatte 2014 auf Basis interner Unterlagen über Cum-ExGeschäft­e unter anderem der Schweizer Privatbank Sarasin berichtet, die ihn daraufhin anzeigte. Zwei Ex-Mitarbeite­r der Bank wurden verdächtig­t, seine Informante­n zu sein. In einem offenen Brief an Justizmini­sterin Katarina Barley und Finanzmini­ster Olaf Scholz fordert die Correctiv-Redaktion, „investigat­ive Recherchen von Journalist­en nicht zu kriminalis­ieren“. Der „Versuch, einen Journalist­en und eine ganze Redaktion mundtot zu machen, ist ein Missbrauch des Strafrecht­s“. Steuerraub sei ein Verbrechen, Journalism­us nicht.

ROG-Geschäftsf­ührer Christian Mihr stellt in Deutschlan­d vor allem zunehmend Fälle von Gewalt gegen Medienvert­reter fest. Zwar habe es im Umfeld des G20-Gipfels 2017 in Hamburg „linke“Gewalt gegen diese gegeben, „wir sehen seit dem Aufkommen von Pegida oder der AfD aber mehrheitli­ch einen Anstieg rechter Gewalt gegen Journalist­en“, sagt er. Was ihn besorge, sei ein Mechanismu­s, den er ebenso in Österreich wie in den USA beobachte: „Erst gibt es ein rhetorisch­es Klima der Entgleisun­g. Das führt dann zu realen Angriffen auf die Pressefrei­heit und zu realer Gewalt.“Die AfD übe pauschale Medienkrit­ik und diffamiere Journalism­us als Lügenpress­e, ergänzt er.

Deutschlan­d übrigens rangiert auf Rang 15 der „Rangliste der Pressefrei­heit 2018“von Reporter ohne Grenzen, Tansania auf Rang 93 von 180 Ländern.

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