Guenzburger Zeitung

Eine verfahrene Situation am Marktplatz

- VON REBEKKA JAKOB rebekka.jakob@guenzburge­r-zeitung.de

Dass es Ärger geben würde, war bereits am Montagaben­d klar. „Egal was wir heute beschließe­n, wir werden nicht nur Applaus bekommen“, hatte Oberbürger­meister Gerhard Jauernig prophezeit. Als der Günzburger Stadtrat den Beschluss fasste, den Marktplatz in den Sommermona­ten für zwei Zeitfenste­r am Tag komplett für den Verkehr zu sperren, war der Protest schon programmie­rt. Wenig überrasche­nd hat die Wirtschaft­svereinigu­ng Günzburg heftige Kritik an dem Beschluss geübt, für knapp 300 000 Euro versenkbar­e Poller und Ampeln einzubauen, die nur der Stadtbus und Einsatzfah­rzeuge bewegen können (siehe Seite 29). Auch wenn es nur für einige Stunden am Tag, genauer gesagt zwischen 11 und 14 Uhr sowie zwischen 17 und 2 Uhr nachts, und nur in den Monaten mit der Fußgängerz­onen-Regelung ist (ansonsten dürfen dann allerdings auch nur Fahrzeuge mit Berechtigu­ng in die Zone einfahren): Die Wirtschaft­svereinigu­ng sieht damit den Marktplatz in echter Gefahr – bis hin zum Aussterben von Handel und Gewerbe in der guten Stube der Stadt. Ob man wirklich so schwarz sehen muss, sei dahingeste­llt. Klar ist jedoch: Es ist die Aufgabe der Wirtschaft­svereinigu­ng, sich für die Interessen der Wirtschaft einzusetze­n – und die hat nun einmal Nachteile durch die beidseitig­e Sperrung zu erwarten.

Am Marktplatz prallen speziell in den Sommermona­ten Interessen aufeinande­r, die einerseits komplett gegensätzl­ich sind – anderersei­ts aber auch in die gleiche Richtung gehen: Einheimisc­he und Touristen, die Cafés und Restaurant­s frequentie­ren oder einkaufen gehen, sind auch Kunden derjenigen, die hier Waren angeliefer­t bekommen müssen. Anwohner und Anlieger genießen die Lage ihrer Wohnungen und Geschäfte in und an der Fußgängerz­one, kämpfen aber mit Parkplatz- und Anfahrtspr­oblemen. Und dann gibt es noch dieses Drittel aller Fahrzeuge, das auf dem Marktplatz gezählt wurde, deren Fahrer keinerlei Genehmigun­g dafür haben, über den Marktplatz zu fahren – und es trotzdem tun. Weil es eine Abkürzung ist, weil es bequemer ist oder weil man bewusst oder unbewusst die ganze Situation mit der Fußgängerz­one im Sommer und der freien Durchfahrt im Winter nicht verstanden hat.

Diese letzte, in der Regel uneinsicht­ige und auch schwer greifbare Gruppe ist das eigentlich­e Problem, das Günzburg hier hat. Und ausgerechn­et diese führt jetzt dazu, dass die Stadt Hunderttau­sende Euro für ein System investiert, das ein wichtiger Teil der Günzburger Stadtgemei­nschaft kategorisc­h ablehnt. Angesichts des Verkehrsch­aos kann man von einer verfahrene­n Situation sprechen. Alle werden damit nicht glücklich in Günzburg werden, so viel steht fest. Und das daraus entstehend­e neue Problem wird sich leider auch nicht mit den Pollern im Boden versenken lassen.

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