Etwas Türkisches sollte brennen
Sechs kurdische Syrer müssen sich vor Gericht verantworten
Ulm Der Brandanschlag auf eine türkische Moschee in der Ulmer Schillerstraße hatte im Frühjahr für einiges Aufsehen gesorgt. Jetzt mussten sich die mutmaßlichen Täter vor dem Landgericht Ulm verantworten. Der erste Verhandlungstag gegen sechs junge Männer – allesamt Kurden syrischer Herkunft zwischen 18 und 27 Jahren – stieß auf großes Interesse, nicht nur bei Medienvertretern. Die Männer sind insbesondere wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes und versuchter gemeinschaftlicher Brandstiftung mit möglicher Todesfolge angeklagt. Vier von ihnen wollten keine Angaben zur Tat machen, einer soll an den Delikten nicht beteiligt gewesen sein und der sechste im Bunde, zur Tatzeit noch Schüler, räumte den Brandanschlag auf die Moschee während der Verhandlung im Wesentlichen ein.
Eine Gruppe kurdischer Syrer hatte sich am 18. März getroffen und auf den Weg zum Ulmer Hauptbahnhof gemacht, um dort im Gebäudeinneren als Protest gegen den Einsatz der türkischen Armee im Syrien-Krieg zu demonstrieren. Die Gruppe begab sich bald auf den Bahnsteig und die Männer sprangen auf die Gleise. Ein Zug musste eine Vollbremsung hinlegen und kam noch rechtzeitig zum Stehen.
Wie der sechste Angeklagte aussagte, gingen drei aus der Gruppe in der Nacht, nachdem alle wegen ihrer Aktion im Bahnhof von der Polizei aufgegriffen und befragt worden waren, gegen 2.30 Uhr noch in die Schillerstraße und wollten dort „etwas brennen“, wie der geständige Angeklagte in gutem Deutsch zugab. Etwas Türkisches sollte es sein. Seine Begleiter wussten offenbar, dass neben einem türkischen Obstund Gemüseladen auch ein Haus steht, über dessen Eingang ein Schild mit einer türkischen Flagge hängt. Das wollten sie, so der geständige Angeklagte, mit selbst hergestellten Molotowcocktails bewerfen und nach Möglichkeit zerstören. „Wir sahen aber, dass dort eine Überwachungskamera war“, berichtete er. Deshalb hätten die drei Männer, darunter zwei Heranwachsende, die letztlich den Brandanschlag verübten, versucht, um die Ecke herum neben dem Laden ein Fenster zu treffen. Die Scheibe ging aber beim ersten Versuch nicht kaputt. Daraufhin warf der Geständige seine beiden mit Benzin gefüllten Bierflaschen nur noch in Richtung Feuer. Die anderen drei mitgebrachten Molotowcocktails wurden am Tatort zurückgelassen. Dann sei er weggerannt, sagte der Angeklagte: „Ich hatte Panik.“Zum Zeitpunkt des Anschlags schliefen in den oberen Stockwerken des Hauses acht Menschen.
Staatsanwalt Stefan Fahrion aus Stuttgart erklärte: „Bei einer Verurteilung würde das Strafmaß wahrscheinlich zehn bis 15 Jahre Haft betragen, theoretisch kann es auch lebenslang ausfallen. Je nachdem, wie die Straftat gewertet wird.“Er ist der Ansicht, dass die Angeklagten den Tod der acht Menschen in Kauf genommen haben. Verletzt wurde letztlich aber niemand. Die Flammen seien von einer Streife mit dem Feuerlöscher aus ihrem Fahrzeug rasch gelöscht worden, teilte die Polizei damals mit.