Mit Mitte 50 ist das Lebensspiel noch nicht zu Ende
Der Schriftstellerin Ulrike Draesner ist mit „Eine Frau wird älter“ein mutiges Buch geglückt
Ulrike Draesner, Lyrikerin und Autorin mehrerer Romane, gehört nicht zu denen, die ihr Lebensalter ungern preisgeben. 56 ist sie. Frauen würden immer gerne 39 bleiben, sagte ihre Mutter einst und färbte sich bis zuletzt die Haare. Die Tochter versucht, „Schatten- und Sonnenseiten“der Lebensphase zwischen 40 und 60 zu ermitteln. Entstanden ist mit „Eine Frau wird älter“ein ehrliches, mutiges Buch.
Weibliches Altwerden ist ein Tabuthema. Auch Draesner wäre „nicht auf die Idee gekommen, dass sich irgendjemand dafür interessiert, wie ich diese Lebensphase erlebe“. Zwei Bekannte in ihrem Alter fragten aber bei ihr an, wie es möglich sei, dass zwar alle „beobachten, wie die Frauen um sie herum sich verändern, aber niemand spricht darüber“. Ab dem Zeitpunkt wurde für sie interessant zu protokollieren, wie sie persönlich damit umgeht. Dass sie auf einmal ihren „mehligen Körper“spürt und im Spiegel „die eingefallene Faltenweichheit“besichtigt, obwohl ihr sexuelles Leben nach wie vor weitergeht. Die „Wechseljahre“nimmt Draesner als „tiefgehende körperliche und seelische Veränderung“wahr. Sie seien „kein Ende des Lebensspiels“, sondern „ein Anfang“.
Das autobiografische Buch hat einen heiteren Grundton, auch wenn viel geklagt wird. Beunruhigend ist die „Unsichtbarkeit“der alternden Frau. Draesner erzählt von einer Party, auf der geflirtet wurde, aber sich kaum jemand für sie interessierte. Ein Mann fragte sie, wo der Flaschenöffner sei? Sie gab ihm den Öffner. Später traf man sich auf der Straße wieder „und er guckte mich an, als hätte er mich nie im Leben gesehen“. Seither sieht sie sich als „Möbelstück oder Flaschenöffnerin“bei Begegnungen mit Männern.
Draesner meint, man solle wacker durch „diese Lebenssituation gehen und auch andere darauf ansprechen“. Das rette eine ältere Frau vor der Kränkung. Da stelle sich die Frage, „wie flirte ich jetzt diesen 30-Jährigen an, sodass er sich wohlfühlt und ich mich wohlfühle dabei“. Das erklärt die Frau, die von ihrem älteren langjährigen Lebensgefährten verlassen wurde, der zu einer wesentlich Jüngeren zog. Eine Erfahrung, die Draesner mit Bitterkeit festhält. Die Autorin hakt aber nicht nur die Unbill des körperlichen Vergehens ab, sondern sieht im Altern auch eine Entwicklungschance. Der plastische Chirurg ist keine Alternative. Welchen Mann hörte man je so etwas verkünden?
Ulrike Draesner: Eine Frau wird älter. Penguin, 204 S., 20 €