Bahn lässt Pendler in der Kälte stehen
Auf der Strecke Augsburg–Dinkelscherben fallen am Freitag wegen Weichenstörungen viele Züge aus
Landkreis Augsburg/Günzburg Ruth Michaelis schimpft laut: „Solche Knallköpfe sind das!“Wütend blickt die Pendlerin vom Bahnsteig hinauf zu der blauen Anzeigetafel, die unter dem Dach am Bahnhof Neusäß befestigt ist. Auf der Bildfläche fährt immer wieder ein gelber Schriftzug durch. Darauf steht: „Der RE57032 nach Dinkelscherben um 12:58 Uhr fällt witterungsbedingt aus. Wir bitten um Entschuldigung.“Ruth Michaelis ärgert sich: „Warum der Zug nicht fährt, wird uns aber nicht gesagt.“
Wie die Pendlerin waren am Freitag viele Zugreisenden im Augsburger Land von Störungen betroffen. Denn auf der Strecke zwischen Augsburg und Dinkelscherben fielen die Regionalbahnen witterungsbedingt aus. Bereits am Donnerstagabend um 23.40 Uhr teilte das Unternehmen mit, dass einige Züge zwischen Augsburg und Gessertshausen nicht fahren können. Am Freitagmorgen aktualisierte die Bahn dann noch mal ihre Meldung: Auch die Regionalbahnen mit Fahrtziel Dinkelscherben müssen ausfallen.
Ein Sprecher der Bahn erklärte auf Anfrage unserer Zeitung: „Der Grund für die Zugausfälle sind schneebedingte Weichenstörungen in Gessertshausen und Dinkelscherben. Die Züge können deshalb an diesen Bahnhöfen nicht mehr wenden, das heißt, die dort startenden und endenden Züge müssen ausfallen.“Von den Ausfällen nicht betroffen waren die stündlich durchgehenden Züge der Verbindung Augsburg–Ulm. Ein Schienenersatzverkehr zwischen AugsburgOberhausen und Dinkelscherben wurde eingerichtet.
den gemeldeten Ausfällen der Züge der Verbindung Gessertshausen–Augsburg im morgendlichen Berufsverkehr gab es jedoch keinen Schienenersatzverkehr. „Die Kapazitäten der übrigen zehn Züge haben in diesem Zeitraum von Ulm beziehungsweise Dinkelscherben nach Augsburg ausgereicht“, teilte ein Bahnsprecher mit. Von diesen Zugausfällen waren besonders die Schüler vom Schulzentrum in Neusäß betroffen. Um die Mittagszeit drängen sie sich in der zugigen Bahnhofschneise unter dem Dach zusammen, um sich vor den Schneeflocken zu schützen. Ein Mädchen erzählt: „Gestern und heute sind schon dauernd Züge ausgefallen. Die eine Bahn fährt, die andere wieder nicht. Das wird nicht richtig kommuniziert.“Die Schülerin müsse jetzt solange hier stehen und warten, bis irgendwann ein Zug komme. „Und dann muss ich noch einen Bus erwischen. Anders komme ich nicht nach Ziemetshausen nach Hause.“
Als die Durchsage auf dem Bahnsteig den nächsten Zugausfall verkündet, stöhnen viele der JugendliBei chen auf, zücken ihre Handys und rufen zu Hause an: „Mama, kannst du mich bitte abholen, der Zug fällt aus.“Auch Ruth Michaelis schaut frustriert auf ihre Armbanduhr: „Es ärgert mich ja schon, dass ich jetzt hier in der Kälte warten muss. Noch mehr macht es mich aber wütend, dass das Ganze doch eine ökologische Katastrophe ist.“Sie beklagt, dass die Stadt ein neues Verkehrskonzept erstellen will, damit die Menschen mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und auf das Auto verzichten. „Aber sobald es null Grad hat, kollabiert die Bahn. Bei schlechtem Wetter ist das Auto ein Muss.“Besonders zermürbend sei es für die Pendlerin, dass sie sich auch von der Bahn schlecht informiert fühlt. „Ich frage mich, wie das früher war. Da sind die Züge im Winter doch normal gefahren.“Neben der Weichen- gab es am Freitag auch eine Signalstörung: Man müsse zwischen Günzburg und Nersingen mit teils erheblichen Störungen rechnen, so die Bahn. Nach gut einer Stunde war zumindest dieses Problem wieder behoben. (mit zg)