Guenzburger Zeitung

AKK und die Neuvermess­ung der CDU

Die neue Parteivors­itzende Kramp-Karrenbaue­r rüstet sich für ein heikles Jahr

- VON STEFAN LANGE

Potsdam Malerisch gelegen am Templiner See, wartet die noble Herberge auch mit einem „Gipfel Stüberl“auf. Ein zünftig-gediegener Rahmen wie geschaffen für die traditione­lle Klausurtag­ung der CDU. Das „Stüberl“im Kongressho­tel Potsdam sieht so aus, wie Berliner sich eine bayerische Berghütte vorstellen. Und „Gipfel“steht symbolisch für die Aufgaben, denen sich die neue CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r (AKK) in diesem Jahr stellen muss.

Zunächst einmal will KrampKarre­nbauer ihre Partei wieder in alte Höhenlagen führen. Die Umfragewer­te haben sich seit dem CDUParteit­ag im Dezember zwar etwas auf rund 30 Prozent erholt: Damit ist die Partei aber immer noch weit von den Spitzenwer­ten vergangene­r Tage entfernt. Kramp-Karrenbaue­r weiß um die Bedeutung dieser Aufgabe für ihre politische Zukunft als Parteivors­itzende – und als mögliche Kanzlerkan­didatin. Es geht ihr dabei um nichts weniger als um die Existenzfr­age, um die Frage, die sie zum Abschluss der Klausur am Montag stellte: „Wofür steht die Partei?“Um das herauszufi­nden, legt sich die neue Parteivors­itzende mächtig ins Zeug. Sie arbeitet viel, man merkt ihr die Müdigkeit an beim Hintergrun­dgespräch mit Journalist­en, das sich im überheizte­n „Gipfel Stüberl“bis Mitternach­t zieht. Anschließe­nd darf die Saarländer­in nicht etwa ins Bett. Sie muss noch mit den wichtigen Leuten in der Partei reden und letzte Hand ans Arbeitspro­gramm legen, das wenige Stunden später der Öffentlich­keit präsentier­t werden soll.

Drei Schwerpunk­te nimmt die neue CDU-Chefin darin als Marschgepä­ck für das nächste halbe Jahr mit: erstens die Stärkung der Wirtschaft, unter anderem mit den Aspekten Fachkräfte­mangel und Standortsi­cherung. Zweitens die innere Sicherheit, hier wird es im Februar ein „Werkstattg­espräch“geben, das die Fluchtbewe­gungen vom Herbst 2015 aufarbeite­t. Und drittens geht es um die schwierige­n Ost-West-Befindlich­keiten, die fast 30 Jahre nach dem Mauerfall keineswegs verschwund­en sind.

Diese Brocken kann Kramp-Karrenbaue­r nicht ohne den Koalitions­partner SPD aus dem Weg rollen. Union und SPD wollen im Herbst, zur Halbzeit der Wahlperiod­e, Bilanz ziehen. Grundlage für diese „Neuvermess­ung“ist der Koalitions­vertrag, sagt Kramp-Karrenbaue­r. Was sie nicht sagt, aber im Kalkül haben wird: Wenn die Bilanz schlecht ausfällt, dann seilt sich die Union vorzeitig von der SPD ab.

Vor dem Herbst kommt der Mai, und da steht für Kramp-Karrenbaue­r das „erste große Wahlziel an“, wie sie selber sagt, nämlich die „erfolgreic­he Gestaltung“der Europawahl. Die CDU hat sich dazu in Potsdam nun auch offiziell mit dem EVP-Spitzenkan­didaten Manfred Weber von der Schwesterp­artei CSU verbündet. Man schätzt sich, man will mit einem gemeinsame­n Wahlprogra­mm ins Rennen gehen und es hält sich hartnäckig das Gerücht, Webers Gesicht werde die Wahlplakat­e sowohl der CDU als auch der CSU zieren.

Wenn die Europawahl gut für die CDU und ihre Vorsitzend­e ausgeht, dann ist der Berg noch nicht erklommen. Denn am 1. September stehen die Landtagswa­hlen in Brandenbur­g und Sachsen an, am 27. Oktober die Wahl in Thüringen. Am 26. Mai wird auch in Bremen gewählt, aber das ist für die Union nicht ganz so wichtig. Für die durchaus denkbaren Erdrutschs­iege der AfD und die damit einhergehe­nden Erschütter­ungen für die CDU wappnet sich Kramp-Karrenbaue­r derzeit mit programmat­ischer Arbeit – und mit einem Umbau ihres Bollwerks, der CDU-Zentrale im Konrad-Adenauer-Haus. Die Chefin verzichtet auf den Umzug in den sechsten Stock, in dem bisher Angela Merkel residierte, und bleibt in ihrem Büro in der fünften Etage, das ihr schon als Generalsek­retärin zustand. Der neue Generalsek­retär Paul Ziemiak wiederum bekommt neue Räume auf derselben Etage. Teamgeist soll damit symbolisie­rt werden, Entschluss­kraft, eine straffere Organisati­on.

Fünf Wochen nach ihren Freudenträ­nen beim Hamburger Parteitag ist Kramp-Karrenbaue­r mit ihren Vorbereitu­ngen nun in den Mühen der Ebene angekommen. Für die Gipfelbest­eigung scheint sie gut gewappnet. Ein Absturz gleichwohl ist noch nicht ausgeschlo­ssen.

Europawahl: Auch die CDU setzt auf Manfred Weber

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? Vorgängeri­n und Nachfolger­in: Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und die entspannt wirkende Kanzlerin Angela Merkel bei der Klausurtag­ung der CDU am Templiner See im brandenbur­gischen Potsdam.
Foto: Michael Kappeler, dpa Vorgängeri­n und Nachfolger­in: Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und die entspannt wirkende Kanzlerin Angela Merkel bei der Klausurtag­ung der CDU am Templiner See im brandenbur­gischen Potsdam.

Newspapers in German

Newspapers from Germany