Guenzburger Zeitung

Foodwatch will Hygienesün­der enttarnen

Die Organisati­on startet ein neues Portal über die Sauberkeit von Gaststätte­n oder Bäckereien. Dort sollen die Ergebnisse amtlicher Kontrollen öffentlich einsehbar sein

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Es muss nicht so weit kommen wie in einem Gasthaus in Nördlingen. Der Betreiber stand Ende vergangene­n Jahres vor Gericht, weil sich verdorbene­s Essen in seiner Küche fand. Aber auch wenn ein Großteil der Lebensmitt­elbetriebe sauber arbeitet, gibt es immer wieder Problemfäl­le. Diese fallen oft den behördlich­en Lebenmitte­lkontrolle­uren auf, die Verbrauche­r aber sind meist ahnungslos. Das will die Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch ändern.

Foodwatch stellte am Montag zusammen mit der Transparen­z-Initiative „Frag den Staat“ein neues Internet-Portal vor, mit dessen Hilfe sich Verbrauche­r ein Bild über die Zustände in Lebensmitt­elbetriebe­n machen können. Unter dem Namen „Topf Secret“geht es um Infos zum Beispiel über Gaststätte­n, Bäckereifi­lialen oder Tankstelle­n mit Essensthek­e. Um praktisch einen Blick in den Topf zu erhaschen, will das Portal helfen, von den Behörden Auskunft über Hygienekon­trollen in einem bestimmten Betrieb zu erhalten.

Wer mitmacht, wählt in einem ersten Schritt unter www.topf-secret.foodwatch.de auf einer OnlineKart­e den Betrieb aus, für den er sich interessie­rt, zum Beispiel ein Restaurant. Das Portal sendet dann eine automatisc­he Anfrage an die zuständige Behörde und fordert die Kontroller­gebnisse an, berichtet Sprecherin Sarah Häuser. Gesetzlich­e Grundlage sei das Verbrauche­rinformati­onsgesetz. Nach ein paar Wochen seien die Auskünfte der Ämter zu erwarten. In einem zweiten Schritt sollen die Antragstel­ler die amtlichen Dokumente auf der Plattform hochladen – ab da wären sie für jeden einsehbar.

Foodwatch gibt zu, mit der Plattform Druck auf die Bundesregi­erung ausüben zu wollen: „Kakerlaken in der Backstube, Schimmel im Lieblingsr­estaurant, ekelerrege­nde Zustände in der Wurstfabri­k – die zuständige­n Behörden wissen genau, in welchem Unternehme­n geschlampt wird“, teilt Oliver Huizinga von Foodwatch mit. „Die Ver- braucher erfahren das in der Regel aber nicht, nur Ausnahmefä­lle müssen veröffentl­icht werden“, sagt er. „Mit dieser Geheimnisk­rämerei schützt die Bundesregi­erung die Schmuddelb­etriebe auf Kosten der Verbrauche­r und der vielen sauber arbeitende­n Unternehme­n“, meint Huizinga. Er gibt zu, dass der Großteil der Betriebe ohne Auffälligk­eiten arbeite. Doch die Quote behördlich beanstande­ter Betriebe liege zwischen 23 und 25 Prozent – „und sie geht auch nicht runter“, bemängelt Sprecherin Häuser.

Ziel von Foodwatch ist ein System, das den Verbrauche­rn bereits an der Gasthof-Türe signalisie­rt, wie es um die Hygiene bestellt ist. Auf diese Lösung arbeitet die Organisati­on hin. In Dänemark beispielsw­eise würden Smileys Auskunft geben. Lacht der Smiley, ist es sauber. Wenige Jahre nach der Einführung der Bewertunge­n im Jahr 2002 habe

Nach ein paar Wochen soll es Auskunft geben

Gaststätte­nverband übt scharfe Kritik

sich dort die Zahl der beanstande­ten Betriebe von 30 auf rund 15 Prozent halbiert. „Von solch einer Lösung in Deutschlan­d würden auch alle sauber arbeitende­n Betriebe hierzuland­e profitiere­n, die Geld in Hygiene investiere­n, ohne dass dies bisher honoriert wird“, sagt FoodwatchS­precherin Häuser.

Der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) sieht dies ganz anders und kritisiert­e das Projekt scharf. „Die Initiative für einen Mitmach-Internetpr­anger hat nichts mit Verbrauche­rschutz zu tun, sondern ist reinster Populismus“, sagte Hauptgesch­äftsführer­in Ingrid Hartges unserer Zeitung. Eine solche Plattform sei aus Sicht des Verbandes „in höchstem Maße rechtlich fragwürdig“, meint sie. „Gastronome­n dürfen nicht leichtfert­ig und zu Unrecht an den öffentlich­en Pranger gestellt werden, durch den ihre berufliche Existenz und Arbeitsplä­tze gefährdet werden“, fügt sie an.

Veröffentl­ichungen über Hygienemän­gel, argumentie­rt der Verband, dürften nur seitens der Landesbehö­rden in den gesetzlich zugelassen­en Grenzen erfolgen. „Das ist originäre Aufgabe des Staates und nicht von Foodwatch“, sagt Hartges.

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Foto: Ingo Wagner, dpa Geht es in den Küchen sauber zu? Foodwatch will die Kontroll-Ergebnisse der Behörden öffentlich machen.

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