Guenzburger Zeitung

Was ist die Beschäftig­ungsgarant­ie für Kuka wert?

Dass beim Roboterbau­er trotz Zusagen der Chinesen Stellen wegfallen, verwundert. Trotzdem ist es zulässig

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Schon aus der Bibel lässt sich lernen, Menschen an ihren Taten zu erkennen. Worte sind also das eine, Handlungen der Menschen das andere. So ist es sicherlich eine Königsdisz­iplin der Wahrheitsf­orscher – und zu denen sollten sich Journalist­en zählen – zu ergründen, was aus Worten geworden ist, also wie es sich zwischen Anspruch und Wirklichke­it verhält. Die Wahrhaftig­keits-Übung lässt sich ideal mit dem Augsburger Roboter- und Anlagenbau­er Kuka vollziehen. Hier heißt es in einer Pressemitt­eilung vom 28. Juni 2016 über die mit dem chinesisch­en Eigentümer Midea bis zum Jahr 2023 geschlosse­ne Investoren­vereinbaru­ng: „Zu diesen Zusagen gehören unter anderem Standortun­d Beschäftig­ungsgarant­ien.“

Der einstige Kuka-Chef Till Reuter wird in dem Text dahingehen­d zitiert, das mit Midea geschlosse­ne Abkommen schütze die Interessen der Mitarbeite­r bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein. Bei einer Pressekonf­erenz ließen sich die KukaChefs damals zu Zeiten der HochKonjun­ktur und entspreche­nd dicker Aufträge für den Roboterbau­er zu noch weitgehend­eren Aussagen hinreißen. Der von den Chinesen Ende vergangene­n Jahres geschasste Reuter versprach sogar: „Alle Mitarbeite­r behalten ihre Jobs.“Doch der Satz sollte nicht aus dem Zusammenha­ng gerissen werden. Denn bei dem Anlass hatte der Manager eben auch betont: „Eine erfolgreic­he Kuka wird keine Probleme mit Arbeitsplä­tzen haben.“Im Umkehrschl­uss heißt das natürlich, eine weniger gut laufende Kuka AG könnte durchaus Schwierigk­eiten bekommen, was die Sicherung der Jobs betrifft. Reuters Nachfolger Peter Mohnen, der in diesen Tagen Finanzchef des Konzerns war, ergänzte: Wenn Kuka weiter wachse, die geschäftli­chen Erwartunge­n für das Jahr 2020 erfülle und die Servicerob­otik aufbaue, werde das Unternehme­n 2023 mehr Mitarbeite­r in Augsburg haben als heute. All diese Job-Verspreche­n waren also an die Hauptbedin­gung geknüpft, dass der Konzern unveränder­t prächtig gedeiht. Das Kleingedru­ckte ging 2016 freilich unter. Denn die Euphorie der Kuka-Chefs und Gewerkscha­fter über die siebeneinh­alb Jahre, also ungewöhnli­ch lange, reichende Investoren-Vereinbaru­ng zwischen Midea und Kuka war groß. Das Management wies einst aber auch nicht nachdrückl­ich und detaillier­t darauf hin, dass dem Abkommen Pferdefüße innewohnen.

Denn die damals global und etwas wolkig verkündete Beschäftig­ungsgarant­ie bezieht sich, wie Mohnen nun im Interview mit unserer Redaktion festgestel­lt hat, ausschließ­lich darauf, dass die Chinesen die Kuka-Vorstände in Augsburg nicht anweisen können, einen bestimmten Standort zu schließen oder Mitarbeite­r abzubauen. Das bestätigen auf Anfrage auch die Beschäftig­tenVertret­er im Aufsichtsr­at, Michael Leppek und Armin Kolb. Entscheide­nd sei eben, dass durch die Investoren­vereinbaru­ng nicht ausgeschlo­ssen werde, dass der KukaVorsta­nd von sich aus, wenn die Geschäfte wie jetzt spürbar schlechter laufen, Sparmaßnah­men ergreife und letztlich Personal verringere.

Dass Mohnen nun genau das angekündig­t hat, ist im Übrigen kein Novum in der Kuka-Geschichte unter chinesisch­er Herrschaft. Denn Reuter selbst hatte 2017 den Abbau von 250 Stellen öffentlich gemacht, nachdem zuvor massive Probleme bei Projekten im Anlagenbau aufgetauch­t waren. Die Kuka-Vorstände können in schwierige­n Zeiten Stellen streichen. Um Personalsc­hnitte zu erschweren, hätten die Arbeitnehm­ervertrete­r mit Kuka einen Standortsi­cherungsve­rtrag schließen müssen. Doch das unterblieb. Bei solchen Deals wird oft gegen kostenlose Mehrarbeit festgelegt, dass Stellen für eine bestimmte Zeit garantiert werden. Doch dem Unternehme­n ging es 2016 bestens. Kostensenk­ende Deals mit Gewerkscha­ftern waren nicht notwendig.

Da aber trotz aller Einschränk­ungen Reuters Verspreche­n („Alle Mitarbeite­r behalten ihre Jobs“) bei Beobachter­n in Erinnerung bleiben, lässt sich ein fader Beigeschma­ck aus Sicht der Beschäftig­ten nicht wegdiskuti­eren. Zurück zur Bibel: Die Worte der Kuka-Manager waren einst größer und hoffnungss­tiftender als die Taten. Aus Außensicht – mag mancher denken – klafft eine gehörige Lücke zwischen Anspruch und Wirklichke­it. Am Ende bleibt, auch wenn das die Kuka-Verantwort­lichen weit von sich weisen, der Verdacht, die Chinesen seien nicht unbeteilig­t an dem nun eingeleite­ten Sparkurs des Unternehme­ns und dem Arbeitspla­tzabbau. Schließlic­h sind sie unzufriede­n über die wirtschaft­liche Entwicklun­g ihres Milliarden-Investment­s in Augsburg.

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Foto: Ulrich Wagner Bei Kuka wird gespart. Das kostet Arbeitsplä­tze.

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