Guenzburger Zeitung

Die Angehörige­n fragen nach dem Warum

Die Stiefsöhne des 68-Jährigen, der bei einem Unfall bei Hirschfeld­en ums Leben gekommen ist, setzen sich für eine Sicherung des Bahnüberga­ngs ein. Sie sind der Meinung, dass das Unglück zu verhindern gewesen wäre

- VON CHRISTIAN GALL

Hirschfeld­en Der Bahnüberga­ng wirkt unscheinba­r. Ein Andreaskre­uz neben der Straße; ein kleines Wartehäusc­hen, an dem manche der Züge halten. An den Gleisen das Schild mit der Aufschrift „Hirschfeld­en“. Nur wer genauer hinsieht, entdeckt Spuren des schrecklic­hen Unfalls, der sich dort vor einigen Tagen ereignet hat (wir berichtete­n). Einige Glassplitt­er liegen im Schotterbe­tt neben den Gleisen. Und auf dem Bahnsteig steht eine Kerze neben einem Strauß weißer Rosen. Die Angehörige­n von Ewald Przygoda haben sie dort abgelegt. Vor einer Woche starb der 68-Jährige an dem Bahnüberga­ng. Sein Auto wurde von einem vorbeifahr­enden Zug erfasst und 40 Meter weit mitgeschle­ift. Der Mann starb noch an der Unfallstel­le.

Nun stehen seine drei Stiefsöhne an eben diesem Ort und blicken betreten auf die Gleise. Sie teilen die Meinung, dass an diesem Bahnüberga­ng etwas geschehen muss. Damit sich ein solch schrecklic­her Unfall nicht wiederholt. Jürgen Gundel wurde von seinem Stiefvater großgezoge­n. Wenn er spricht, hört man ihm deutlich seine Trauer an. Doch er zeigt auch den Willen, dass sich etwas verändert: „Der Bahnüberga­ng muss sicherer werden. Täglich fahren zahlreiche Leute darüber, auch Kinder müssen ihn überqueren.“Der Übergang ist minimalist­isch ausgestatt­et. Ein Andreaskre­uz prangt neben der Straße. Sonstige Warnsignal­e sucht man vergeblich. Keine Schranke, kein Signallich­t. Einmal hupt der Zug, bevor er die

Straße kreuzt – bei schlechter Sicht ist das die einzige Warnung, die ein Autofahrer erhält. Gundel vermutet, dass eben diese schlechte Sicht ein Grund für den tödlichen Unfall seines Stiefvater­s war. Am Montagvorm­ittag war es in vielen Teilen der Region nebelig, die Sichtweite betrug teils weniger als 50 Meter. So wurde es Gundel auch von dem Notarzt geschilder­t, der als erstes an der Unfallstel­le ankam: „Er hat mir erzählt, dass er den Unfallort erst gesehen hat, als er ein paar Meter weit davorstand“, sagt Gundel.

Die Stiefsöhne des Verstorben­en stellten sich immer wieder die Fra-

ge, warum Ewald Przygoda den Zug nicht wahrgenomm­en hat. Sie beobachtet­en einige Tage später, wie gewarnt wird, wenn der Zug die Straße kreuzt. „Etwa 15 Sekunden bevor der Zug über die Fahrbahn fährt, wird einmal gehupt.“In diesen 15 Sekunden ist ein Autofahrer womöglich noch so weit weg, dass er das Geräusch überhaupt nicht hört. Zusammen mit seinem Bruder Stefan Thoma stellte er sich mit seinem Auto auf einen Feldweg, der rund 80 Meter vom Bahnüberga­ng entfernt ist: „Wir hatten die Lüftung auf normaler Stärke laufen, auch das Radio war nicht lauter, als es üblich

ist. Und wir konnten das Hupen beide nicht hören“, sagt der 35-jährige Jürgen Gundel.

Ein weiteres Problem sieht er in einem Baum, der die Sicht auf die Gleise verdeckt. Der Nadelbaum steht auf der östlichen Seite der Schienen, rund 20 Meter vom Bahnüberga­ng entfernt. Auch bei guten Wetterverh­ältnissen ist die Sicht auf die Bahnstreck­e dadurch von der Straße aus eingeschrä­nkt. „Das gilt nicht nur für die Autofahrer. Auch ein Zugführer sieht dadurch schlechter auf die Straße“, ergänzt Markus Gundel, der dritte Stiefsohn des Verstorben­en. Jürgen Gundel hat bereits mit Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer über den Bahnüberga­ng gesprochen. „Fischer sagt, ihm seien bei Themen wie einer Lichtanlag­e die Hände gebunden, da solche Entscheidu­ngen bei der Bahn liegen. Den Baum will er fällen lassen, wenn er denn auf Stadtgebie­t steht“, sagt Gundel. Notfalls wird der 35-Jährige den Baum selbst zu Fall bringen, wie er sagt: „Danach würde ich mich selbst anzeigen. Die 500 oder 1000 Euro Strafe wären es mir wert, damit die Stelle sicherer wird.“

Den Angehörige­n des Verstorben­en geht es darum, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt. Alleine am vergangene­n Montag, an dem der 68-Jährige bei Hirschfeld­en starb, ereigneten sich in Bayern zwei weitere Unfälle zwischen Zügen und Autos, eine weitere Person starb dabei. Jürgen Gundel findet es unverantwo­rtlich, dass regelmäßig befahrene Bahnübergä­nge zum Teil nicht einmal eine Lichtanlag­e haben.

Bei Nachforsch­ungen im Internet über dieses Thema ist er auf einen Beitrag über einen Bahnüberga­ng bei der niedersäch­sischen Gemeinde Handeloh gestoßen. Dort hat die Deutsche Bahn einen Bahnüberga­ng für rund 600000 Euro aufwendig gesichert – obwohl dieser in einem Wald liegt, in dem keine Autos fahren dürfen. Jürgen Gundel schüttelt ungläubig den Kopf, als er davon erzählt. „Ich bin selbst Vater von drei Kindern. Und ich habe Angst, dass wieder so etwas passiert“, sagt er. Der 35-Jährige hofft, dass er zumindest dafür sorgen kann, dass sich an dieser Stelle nie wieder ein derartiger Unfall ereignet.

 ?? Fotos: Christian Gall ?? Nur wenig deutet darauf hin, dass sich an diesem Bahnüberga­ng bei Hirschfeld­en ein schrecklic­her Unfall ereignet hat. Vergangene­n Montag starb dort ein 68-jähriger Mann, dessen Auto von einem Zug erfasst worden war. Die Angehörige­n des Verstorben­en setzen sich nun dafür ein, dass der Übergang besser gesichert wird.
Fotos: Christian Gall Nur wenig deutet darauf hin, dass sich an diesem Bahnüberga­ng bei Hirschfeld­en ein schrecklic­her Unfall ereignet hat. Vergangene­n Montag starb dort ein 68-jähriger Mann, dessen Auto von einem Zug erfasst worden war. Die Angehörige­n des Verstorben­en setzen sich nun dafür ein, dass der Übergang besser gesichert wird.
 ??  ?? Die Stiefsöhne des Verstorben­en, Stefan Thoma (links) und Jürgen Gundel, sowie Thomas Lebensgefä­hrtin Katharina Scheppach haben den Unfallort bereits mehrfach besucht.
Die Stiefsöhne des Verstorben­en, Stefan Thoma (links) und Jürgen Gundel, sowie Thomas Lebensgefä­hrtin Katharina Scheppach haben den Unfallort bereits mehrfach besucht.

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