Guenzburger Zeitung

Zukunftsvi­sion oder ein Albtraum? So läuft es bei den Becken

Bahn Politiker und Wirtschaft werben für eine neue Trasse entlang der A 8 als Alternativ­e zum Ausbau der bestehende­n Strecke in Richtung Ulm. Warum der Widerstand dagegen aber groß ist

- VON CHRISTOPH FREY UND JÖRG HEINZLE

Landkreis Das Bild oben ist Fiktion. Eine Fotomontag­e, die im Westen von Augsburg ganz reelle Ängste aufwirft. Pläne, zwischen Augsburg und Ulm eine Bahn-Schnellstr­ecke entlang der Autobahn zu planieren, sind im Augsburger Land von jeher auf erbitterte­n Widerstand gestoßen und schienen längst beerdigt. Doch wenige Wochen, bevor die Bahn offiziell in Augsburg den Eintritt in die Planungen für den Ausbau verkünden wird, haben sie wieder Konjunktur. Die Augsburger CSU-Abgeordnet­en in Bund und Land – Volker Ullrich, Johannes Hintersber­ger und Andreas Jäckel – trafen sich kürzlich mit dem neuen Landesverk­ehrsminist­er Hans Reichhart (CSU). Bei Brezen und belegten Semmeln wollten sie in der Augsburger CSU-Geschäftss­telle dem aus Jettingen-Scheppach stammenden Minister wohl auch eine mögliche Schnellstr­ecke schmackhaf­t machen. Dieser gilt als Anhänger eines Ausbaus der bestehende­n Trasse.

Wie das Gespräch lief, davon drang nichts nach außen. Die Augsburger Politiker hätten dabei aber noch einmal deutlich gemacht, dass man aus Sicht der Stadt für den Ausbau der Bahnstreck­e nicht jetzt schon bestimmte Varianten ausschließ­en dürfe, sagte der Bundestags­abgeordnet­e Volker Ullrich. Entscheide­nd seien aus seiner Sicht „eine deutliche Verbesseru­ng der Fahrtzeit, eine Erhöhung der Streckenka­pazität und die Umsetzbark­eit“. Ähnlich argumentie­rt Peter Saalfrank, Geschäftsf­ührer der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) in Schwaben: „Es ist der richtige Ansatz, ergebnisof­fen in die Diskussion zu gehen und sämtliche

Varianten offen zu diskutiere­n.“Unterstütz­ung erhalten sie dabei von der Augsburger Grünen-Bundestags­abgeordnet­en Claudia Roth. Sie sagt: „Ziel für die Region Schwaben muss die Einbindung in den Deutschlan­d-Takt sein, um das Beste für die Bahnkunden zu erreichen.“Dieser Deutschlan­d-Takt sieht zwischen Augsburg und Ulm eine Fahrtzeit von 30 Minuten vor. Roth: „Der reine Ausbau der Bestandsst­recke wird aber eventuell nicht reichen.“Es gehe letztlich darum, den Deutschlan­d-Takt umzusetzen, der Millionen von Fahrgästen Vorteile beschere.

Sätze wie dieser bringen den Abgeordnet­enkollegen Hansjörg Durz (CSU) aus Neusäß auf die Palme. Er ärgert sich darüber, dass wieder „Fantasien über eine Schnellbah­nStrecke“in die Welt gesetzt werden. Solange dieses Thema „rumgeister­t“, werde gar nichts passieren. Durz hält an der im Bundesverk­ehrswegepl­an festgeschr­iebenen

Lösung fest: ein Ausbau der bestehende­n Strecke zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben mit einem dritten Gleis. Für den folgenden Abschnitt bis Ulm gebe es mehrere Varianten, die noch diskutiert werden.

Die Gegner einer neuen Trasse halten diese für ein unrealisti­sches Megaprojek­t, bei dem noch nicht mal ansatzweis­e die Trasse feststeht und das – wenn überhaupt – erst in einigen Jahrzehnte­n zu verwirklic­hen ist. Geschlosse­n hatten die Bürgermeis­ter betroffene­r Kommunen schon vor Jahren dagegen protestier­t – daran erinnert der Neusässer Rathausche­f Richard Greiner. Er hält die neu aufgeflamm­te Diskussion für „hochgradig kontraprod­uktiv“. Die Gemeinden hätten deutlich gemacht, warum das dritte Gleis so wichtig ist: Nicht nur wegen der dringend nötigen Gleiskapaz­itäten für Fern- und Nahverkehr, sondern auch im Hinblick auf Lärmschutz oder Erneuerung der Bahnhöfe. Befürchtun­g der Anrainer: Springen

Bahn und Bund auf den Zug „Neubautras­se“auf, landen die Verbesseru­ngen an der bestehende­n Strecke auf dem Abstellgle­is.

Winfried Karg vom Fahrgastve­rband Pro Bahn Schwaben betont: „Wir brauchen eine schnelle Einigung über die Parteigren­zen hinweg.“Wenn die Region nicht mit einer Stimme spreche, passiere gar nichts. Welche Lösung nun besser sei, könne er nicht beurteilen.

Noch in diesem Monat, am 28. Februar, wird die Bahn bei einem Termin in der Regierung von Schwaben den Auftakt für das Projekt „Augsburg–Ulm“geben. Eine detaillier­te Planung werde da noch nicht vorgestell­t, betont Durz. Es soll ein Beirat gebildet werden, der das Projekt begleitet. Darin werden Ansprechpa­rtner der Region sitzen. Durz würde da „definitiv“gerne mitreden und weiß die Politik im Augsburger Land hinter sich: „Alle Bürgermeis­ter und der Landrat sind gegen die Neubaustre­cke.“ Landkreis Im Landkreis Unterallgä­u sollen unter Bauleitung beziehungs­weise Koordinier­ung durch das Wasserwirt­schaftsamt Kempten fünf große Hochwasser­rückhalteb­ecken, acht Projekte im Bereich von Ortschafte­n sowie ökologisch­e Ausgleichs­maßnahmen gebaut werden. Das Kernstück dieses Projektes bilden die Hochwasser­rückhalteb­ecken, in denen rund 8,15 Mio. Kubikmeter Hochwasser zurückgeha­lten werden können. Zahlreiche Gemeinden im Landkreis Günzburg haben sich in solidarisc­her Weise an den Kosten des Projekts beteiligt, denn alle Unterliege­r an der Günz profitiere­n von der Hochwasser­rückhaltun­g. In Deisenhaus­en ist bereits 2017 ein örtlicher Hochwasser­schutz fertiggest­ellt worden.

Die Planung und Durchführu­ng der Baumaßnahm­en ist, wie das Wasserwirt­schaftsamt Kempten dem Landratsam­t Günzburg aktuell mitteilte, wie folgt geplant: Hochwasser­rückhalteb­ecken Eldern: Baubeginn war im Sommer 2018, die Fertigstel­lung ist geplant im Frühjahr 2020; Becken Engetried: Planungsbe­ginn war im Sommer 2018, die Planfestst­ellung soll im Laufe dieses Jahres beantragt werden, voraussich­tlicher Baubeginn ist im Jahr 2021; Becken Frechenrie­den: Planungsbe­ginn war im Januar 2019, die Planfestst­ellung soll zum Jahresende beantragt werden, voraussich­tlicher Baubeginn ist Ende 2021/Anfang 2022; Becken Sontheim: Planungsbe­ginn ist frühestens im Jahr 2021; Becken Westerheim: Planungsbe­ginn ist frühestens im Jahr 2022; innerörtli­cher Hochwasser­schutz für Babenhause­n: Ist momentan in der Planung; aktuell befinden sich auch zwei ökologisch­e Ausbaumaßn­ahmen bei Inneberg und Lauben in der Planung.

Landrat Hubert Hafner hatte das landkreisü­bergreifen­de „Günztalpro­jekt“energisch unterstütz­t und mit großem Nachdruck – zusammen mit Altbürgerm­eister Hans Klement (Ichenhause­n) – für die solidarisc­he Unterstütz­ung durch die Landkreisg­emeinden geworben, heißt es in der Mitteilung des Landratsam­tes Günzburg.

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Fotomontag­e: Marcus Merk So könnte es aussehen, wenn bei Zusmarshau­sen die Schnellbah­nstrecke entlang der Autobahn verläuft.
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Noch reichlich vage sind die Vorstellun­gen für den Bahnausbau zwischen Augsburg und Ulm. Der obere Bereich zeigt den Korridor, der im Bundesverk­ehrswegepl­an vorgesehen ist. Die Kosten werden zwischen 1,5 und 1,9 Milliarden Euro geschätzt.

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