Guenzburger Zeitung

Polizei darf unter falschem Namen ermitteln

Türke verbreitet verbotene Symbole im Netz. Strategie des Verteidige­rs scheitert vor Gericht

- VON ALEXANDER SING

Günzburg Weil er mehrfach verbotene Kennzeiche­n der kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK und ihres Gründers Abdullah Öcalan in den sozialen Medien verbreitet hat, stand ein 27-jähriger Asylbewerb­er in Günzburg vor Gericht. 2017 und 2018 hatte der Türke auf Facebook und Instagram die Fotos und Videos gestellt, unter anderem ein Bild von sich selbst in einem T-Shirt, auf dem das, in Deutschlan­d ebenfalls verbotene, Konterfei Öcalans prangte. Insgesamt acht Taten waren angeklagt.

Wie berichtet, waren die Ermittler der Kriminalpo­lizei Augsburg unter falschem kurdischen Namen auf Facebook auf den Angeklagte­n gestoßen. Die verbotenen Bilder waren wohl nur für Freunde des Mannes zu sehen. Daran nahm der Verteidige­r des Türken Anstoß. Auch beim zweiten Termin am Amtsgerich­t Günzburg betonte er, das Persönlich­keitsrecht seines Mandanten sei dadurch verletzt worden. Das Argument: Dadurch, dass nur vom Angeklagte­n als „Freunde“akzeptiert­e Personen Zugang zu den Fotos und Videos hatten, sei die Polizei in die Privatsphä­re des Mannes eingedrung­en. Eine rechtliche Grundlage für dieses Vorgehen gebe es nicht. Deshalb sei sein Mandant freizuspre­chen.

Dem entgegnete die Staatsanwä­ltin, dass der Angeklagte durch eine Freundscha­ftsanfrage aktiv sein Facebook-Konto geöffnet habe. Auf Instagram sei ohnehin das Profil öffentlich einsehbar gewesen. Deshalb forderte sie eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätze­n à zehn Euro.

Richter Martin Kramer konnte zwar aus der angeforder­ten Dokumentat­ion der Ermittler nicht herauslese­n, wer wem eine Freundscha­ftsanfrage geschickt hatte. Dennoch ließ er die Beweismitt­el zu. Der Angeklagte habe auf Facebook über 500 Freunde gehabt, das gehe weit über das persönlich­e Umfeld hinaus. Auch sei die Verwendung von falschen Accounts durch die Polizei absolut üblich. Auch Zivilpoliz­isten im Straßenver­kehr müssten sich nicht sofort als solche zu erkennen geben.

Strafmilde­rnd rechnete er dem Angeklagte­n an, dass er bisher nicht vorbestraf­t ist und die entspreche­nden Bilder wohl sofort gelöscht hatte, nachdem ein Polizeibea­mter der Polizeiins­pektion Burgau ihn in seiner Unterkunft besucht und auf den strafbaren Inhalt der Bilder aufmerksam gemacht hatte.

Richter Kramer verhängte eine Geldstrafe von 100 Tagessätze­n zu zehn Euro. Der Verteidige­r des 27-Jährigen deutete aber im Gerichtssa­al noch an, gegen das Urteil vorgehen zu wollen.

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