Guenzburger Zeitung

Das zweite Mal

- VON MICHAEL SCHREINER kino@augsburger-allgemeine.de

Wie oft gibt es das Gelübde des zweiten Mals! Ein Buch gelesen, fasziniert davon gewesen – und beschlosse­n: Das lese ich irgendwann noch einmal! In einer großartige­n Stadt gewesen und im Abschiedss­chmerz geschworen: Ich komme wieder! Natürlich gilt dieses Selbstvers­prechen des zweiten Mals auch fürs Kino, dort ganz besonders. Wie oft hat man sich selbst sagen hören, ja schwören hören: Den schau’ ich mir noch mal an!

Da aber auch Kinogänger nur ein Leben haben, wird es meistens nichts mit dem zweiten Mal. Denn dann sind ja so viele neue, unbekannte Filme da, und die zu sehen ist meistens dringliche­r als einen, den man ja schon gesehen hat, ein weiteres Mal ins Auge zu fassen. Doch manchmal werden Schwüre eben doch wahr – und du sitzt im Saal als ein Wiedergäng­er. Es müssen natürlich auch die Kinos mitspielen und einen Film, der längst aus dem Programm ist, wieder zeigen. So geschehen jetzt mit „Gundermann“von Andreas Dresen.

Weil der Film – und das gibt den Glauben an Jury-Entscheidu­ngen zurück – beim Deutschen Filmpreis mit sechs Lolas triumphier­t hat, kommt er sonntags um 14 Uhr genau ein Mal wieder. Jetzt oder nie! Das Wiedersehe­n mit dem grandiosen Alexander Scheer als DDRLiederm­acher Gundermann ist bewegend. Das Kino ist voll. Nachher gibt es Erkenntnis­se, das zweite Mal betreffend. Weil man nach dem ersten Mal Gundermann-Platten besorgt und viel gehört hatte, war der Film im Kopf immer stärker mit den Liedern und der Liebesgesc­hichte, dem bildstarke­n DDRSetting verbunden. Die Stasi-Tragik und ihre Verdrängun­g, diese ganz gewöhnlich­e Niederträc­htigkeit des liebenswer­ten Gundermann geriet in den Hintergrun­d, um beim zweiten Mal mit umso größerer Wucht zu wirken. Bleibt die Frage: Wie wäre „Gundermann“, ein drittes Mal? Mal sehen…

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