„Hier will ich bleiben“
Etwa 30 Interessierte kamen zur zweiten Station des Leipheimer Kulturmobils. Diesmal stand in der Gesprächsrunde die Zukunft der Stadt und ihrer Bewohner im Fokus
Leipheim Ein griffiges Zitat aus der Feder eines berühmten Schriftstellers ist als Einführung schon der halbe Erfolg für eine zukunftsorientierte und kulturbezogene Veranstaltung. Mit Victor Hugo begrüßte die theologisch-pädagogische Leiterin des evangelischen Bildungswerkes Neu-Ulm, Ulrike Kühn, das um die mobile Kleinbühne stehende Publikum zur Zweitauflage des Kulturmobils unter dem Motto „Leipheimer Leben“vor der Stadtbücherei.
Die Zukunft, so nämlich meint der französische Dichter und Denker, habe viele Namen: Für Schwache sei sie das Unerreichbare, für Furchtsame das Unbekannte, für Mutige die Chance. Und für Leipheimer? Um das zu ergründen, zu diskutieren und eigene Gedanken einzubringen, fanden sich fünf Stadtbewohner auf dem Sofa des nagelneuen, aus Fördergeldern finanzierten Kulturmobils zusammen: die Geschäftsführerin des Excellence Maklerhauses Alexandra Renno, Bürgermeister Christian Konrad, der evangelische Pfarrer Gerhard Oßwald und zwei junge Männer, die aus Syrien geflüchtet und vor vier Jahren in Leipheim ihre Zukunft neu begonnen und gestaltet haben, Abdullah und Mohammed.
Moderator Alexander Würfel stieß mit seiner Leipheim bezogenen Perspektivensuche gleich in medias res. „Was verknüpfen Sie mit Zukunft?“, lautete seine erste Frage. Für Immobilienfachfrau Renno ist vor allem Zuversicht Wurzel und Basis für Entscheidungen, für Konzepte, die Sinn für die Stadt machen. Der Bürgermeister sieht die Bedeutung des Wortes „Zukunft“als „Mut zum Verändern“, der Pfarrer als Herausforderung für neue Fragen, „deren Antwort wir aber nicht wissen.“Abdulla will seine Sprachkenntnisse verbessern, die Ausbildung zum Altenpfleger abschließen, „Eine gute Ausbildung ist eine gute Zukunft“– Mohammed denkt an Familiengründung. „Wo steht für Sie Leipheim?“, will der Moderator als nächstes wissen. Sie lebe seit fünf Jahren hier, gibt Alexandra Renno zur Antwort. Die Stadt sei „kein Zwischenspiel“, sei vielmehr ihr Zuhause geworden. „Hier will ich bleiben.“Vor 30 Jahren zugezogen seit siebzehn Jahren Bürgermeister ist Christian Konrad. Er sieht in Leipheim ein „unwahrscheinliches Potenzial“, eine Herausforderung. „Man kann in Zukunft noch viel machen!“Von Dynamik, Bewegung und Veränderungen geprägt sieht Pfarrer Oßwald die Stadt, dennoch sei es eher unwahrscheinlich, dass er „bis zum Ende“hierbleiben könne oder werde.
Die Stimmen aus dem Publikum sind deutlich und nahezu übereinstimmend: Von Lebensmittelpunkt ist die Rede, von „immer hier bleiben“, oder „es geht uns hier unglaublich gut“und „mir fehlt hier nichts.“
Des Weiteren stehen an die Runund de noch Fragen nach Veränderungen, Kontakten, Einflussnahme und Zukunftsgestaltung an. Die Antworten reichen von „Schaffung von Vorbildfunktionen“, von „unbegrenztem Betätigungsfeld“und „Weichenstellung“über „nicht nur Probleme sehen, sondern Lösungen suchen“, und „Zukunft solle vor allem Chance sein“, bis zu „ich lebe Zuversicht, spüre jeden Tag Zusammenhalt“, zu „Denkanstöße verwirklichen“und der Quintessenz „an sich können wir hier sehr zufrieden sein“. Die beiden Syrer haben zwar gewisse Probleme mit hiesigem Gebrauchsschwäbisch, geben sich aber optimistisch in Bezug auf Arbeit finden.
Des Pfarrers Mahnung „Wir hätten schon viel gewonnen, wenn wir etwas demütiger wären“leitet unmittelbar zur finalen Frage des Moderators „Worauf freuen Sie sich in der Zukunft?“. Die Antworten so tiefgründig bescheiden, wie überraschend eindeutig: „Dass die Kirche bald wieder geöffnet wird“, „auf jede Minute, die kommt“, „auf morgen“und, auch nachvollziehbar, „auf einen gemütlichen Abend mit einem schönen Bier!“