Ausgetanzt
Sie tanzen, sie feuern an, sie sind Pausenfüller – und das meist in knapper Kleidung. Ist das Sport? Oder Sexismus? Warum eine Berliner Entscheidung in Bayern für Empörung sorgt
Augsburg Aus ist es, vorbei mit dem Anfeuern der Basketballer durch die Tänzerinnen. Schluss ist mit den funkelnden Pompons und den glitzernden Outfits – das alles wird es in der kommenden Saison bei den Bundesliga-Basketballern Alba Berlin nicht mehr geben. Der Verein gab bekannt, dass künftig während der Heimspiele keine Cheerleader mehr auftreten werden. Alba-Geschäftsführer Marco Baldi erklärte den Schritt so: „Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass das Auftreten junger Frauen als attraktive Pausenfüller bei Sport-Events nicht mehr in unsere Zeit passt.“Baldi hat das Gefühl, bei den Heimspielen von Alba sei der Eindruck entstanden, dass Frauen vor allem für die tanzende Pausenunterhaltung zuständig seien, während die Männer Basketball spielten. Valesca Stix, Trainerin der Tänzerinnen, sagte am Freitag: „Ich kann verstehen, wenn man sich umorientieren möchte, aber die Begründung finde ich persönlich falsch.“
Die Entscheidung der Berliner löste eine Debatte aus, die bis nach Bayern reicht. Auch der FC Bayern München will nun die Situation im Verein prüfen. Dabei sollen nach dem Willen der Verantwortlichen vor allem die Cheerleader angehört werden. „Am Ende muss man die Mädchen fragen“, sagte Vereinspräsident Uli Hoeneß. „Wenn man dies macht, nur um junge Frauen zu präsentieren, die möglichst wenig anhaben, dann ist die Entscheidung von Berlin richtig“, sagte er. „Aber ich sehe das bei uns als Sport und habe nicht das Gefühl, dass es darauf angelegt ist, die Mädchen vorzuführen.“
Für Überraschung und Unverständnis sorgte die Entscheidung bei Athletinnen, Tänzerinnen und Cheerleaderinnen in der Region. Die Vorsitzende der Landsberg Starlights, Katharina Schellenberg, sagte unserer Redaktion: „Ich finde das ein bisschen übertrieben. Wir trainieren schließlich hart, konkurrieren in Wettbewerben und freuen uns, wenn wir unsere Leistung zeigen können. So geht es den Alba Dancers bestimmt auch.“
Die Alba Dancers, die Cheerleading-Mannschaft der Berliner Basketballer, treten bereits seit 1996 als Gruppe auf und wurden schon mehrfach als das beste Tanzteam Europas ausgezeichnet. In jeder Saison veranstalten sie Wettbewerbe, um zu ermitteln, welche Tänzerinnen in die Tanzformation aufgenommen werden. In den sozialen Netzwerken zeigten sich viele Fans enttäuscht und wütend, dass die Alba Dancers zukünftig nicht mehr bei den Basketballspielen zu sehen sein werden. Dort ist zum Beispiel zu lesen: „Erwachsene Frauen, die Leistungssport betreiben, können doch selber entscheiden, ob sie das machen wollen oder nicht!“Oder: „Wie interessant, dass Männer entschieden haben, dass das nicht mehr zeitgemäß ist“und „Schade, dass in einem so großen Verein nicht verschiedene Sportarten koexistieren können“.
Auch Sharron Morris kann die Entscheidung des Berliner Vereins nicht nachvollziehen. Sie ist Trainerin bei den Raptors Cheerleadern, die das Augsburger Football-Team unterstützen. Sie sagt: „Wir Cheerleader sind wichtig für die Mannschaft. Wir heitern das Publikum auf, damit es bei guter Laune bleibt und es die Mannschaft anfeuert.“Je mehr gute Laune sie verbreiten würeigenen den, desto schwerer hätte es außerdem die gegnerische Mannschaft. „Wir gehören alle zu einem Verein.“Auch Verena-Rosa Kraus reagierte überrascht, als sie von der Nachricht über die Alba Dancers erfuhr. Sie ist Inhaberin von FKV-Dance, einer Tanzschule aus Neu-Ulm. Sie sagt: „Das ist Hochleistungssport.“Außerdem müsse man sich mal andere Sportarten ansehen: Schwimmen, Leichtathletik, Volleyball. „Da tragen Frauen auch kurze Sachen – und es stört niemanden. Da geht es nur um die sportliche Leistung.“
Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer, gleichzeitig Frauenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, äußerte sich auf Anfrage unserer Redaktion ebenfalls zu der laufenden Debatte. „Mir ist wichtig, dass Frauen ihre vielfältigen Lebensentwürfe leben können. Dazu gehört natürlich auch die Freiheit, sich den Sport auszusuchen, der einem Spaß macht“, erklärte Schreyer. Cheerleading ist nach Ansicht der CSU-Ministerin eine athletische Sportart, bei der die Akrobatik im Mittelpunkt stehe. Es sei daher „schade, wenn Cheerleaderinnen auf ihre Attraktivität und ihren Unterhaltungswert reduziert werden.“(mit dpa)
Bayerns Frauenbeauftragte findet es „schade“