Guenzburger Zeitung

Lösch-Zwang

Internet-Anbieter müssen rechtswidr­ige Beleidigun­gen im Netz finden und beseitigen

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Luxemburg Online-Dienste wie Facebook können zum gezielten Aufspüren und Löschen von rechtswidr­igen Beleidigun­gen und Kommentare­n ihrer Nutzer gezwungen werden. Das EU-Recht stehe entspreche­nden Anordnunge­n nationaler Gerichte nicht entgegen, entschied der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg. Es könne sogar veranlasst werden, rechtswidr­ige Äußerungen weltweit zu suchen und diese zu löschen. Diese müssten allerdings mit automatisi­erten Techniken auffindbar sein.

Hintergrun­d war der Fall der ehemaligen österreich­ischen Grünen-Politikeri­n Eva Glawischni­gPiesczek. Sie hatte nach einer Unterlassu­ngsverfügu­ng gegen eine beleidigen­de Äußerung auch eine Löschung wortgleich­er und sinngleich­er Kommentare gefordert. Der Oberste Gerichtsho­f Österreich­s bat daraufhin den EuGH, zu prüfen, ob das mit der EU-Richtlinie über den elektronis­chen Geschäftsv­erkehr vereinbar wäre.

Die Richtlinie besagt, dass sogenannte Host-Provider wie etwa Betreiber eines Online-Netzwerks nicht für von den Nutzern veröffentl­ichte Informatio­nen verantwort­lich sind – bis sie auf deren Rechtswidr­igkeit hingewiese­n werden. Zugleich kann ein Host-Provider gemäß der Richtlinie nicht generell verpflicht­et werden, bei ihm gespeicher­te Informatio­nen zu überwachen oder aktiv nach rechtswidr­igem Vorgehen zu suchen.

Facebook äußerte sich sehr kritisch zum EuGH-Urteil. Nach Einschätzu­ng des US-Unternehme­ns gefährdet es den seit langem geltenden Grundsatz, nach dem ein Land seine Auslegung der Meinungsfr­eiheit nicht einem anderen Land aufzwingen darf. Zudem öffne es die Tür für Auflagen, die Internetun­ternehmen zu einer proaktiven Überwachun­g und Interpreta­tion von Inhalten zwinge.

„Dieses Urteil wirft kritische Fragen rund um das Thema Meinungsfr­eiheit auf“, sagte eine Sprecherin. Facebook habe bereits Standards, die regelten, was Nutzer auf der Plattform machen können und was nicht. Zudem gebe es Verfahren zur Einschränk­ung von Inhalten, die lokales Recht verletzten.

Die Klägerin Glawischni­gPiesczek begrüßte das Urteil als einen historisch­en Erfolg für den Persönlich­keitsschut­z. Es biete eine klare Hilfestell­ung für alle Menschen, die beleidigt würden oder über die Übles geschriebe­n werde, sagte die ehemalige Chefin der österreich­ischen Grünen. Die Betroffene­n wollten vor allem eine schnelle Löschung der entspreche­nden Einträge möglichst weltweit.

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