Guenzburger Zeitung

Microsoft will wieder Handys bauen

Vor einigen Jahren stieg der Konzern aus dem Smartphone-Geschäft aus. Jetzt möchte der Technik-Riese erneut mitmischen

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New York Es war die Überraschu­ng des Herbsteven­ts von Microsoft in New York City. Der Konzern, der erst vor wenigen Jahren die eigenen Windows-Telefone aufgegeben hatte, will wieder in den Smartphone­Markt zurückkehr­en. Das Gerät mit dem Namen Surface Duo soll sich dabei stark von klassische­n Smartphone­s wie Apples iPhone abheben: Es kommt mit zwei Displays mit je 5,6-Zoll Diagonale, die zu einem großen Bildschirm aufgeklapp­t werden können. Es handelt sich nicht um ein großes, biegsames Faltdispla­y wie bei Samsung oder Huawei. Diese Bildschirm­e können große Probleme bereiten – Samsung musste den Start seines Modells Galaxy Fold um Monate verschiebe­n. Microsoft setzt auf klassische LCDDisplay­s mit extrem dünnem Rand und stabilen Metallscha­rnieren. Sie sollen den Eindruck einer einzigen großen Arbeitsflä­che vermitteln.

Viele Details des Geräts wurden noch nicht bekannt, da es erst zu Weihnachte­n 2020 in die Geschäfte kommen soll. Aber schon die Eckdaten lassen aufhorchen. Als Betriebssy­stem soll Googles Android Verwendung finden, in einer nicht genauer spezifiert­en „modifizier­ten Version“. Allerdings, verspricht Microsofts Hardware-Chef Panos Panay, werden „alle AndroidApp­s“auf dem Gerät laufen.

Unter der Haube wird – wie bei fast allen anderen Smartphone­s – ein Chip mit Technologi­e des Halbleiter-Designers ARM werkeln. Microsoft selbst spricht nicht von einem Smartphone, sondern nennt das Gerät nur „Surface“. Mit 5,6-ZollBildsc­hirmgröße kommt das Duo aber praktisch wie ein etwas dicklich geratenes iPhone 11 daher (6,1-Zoll-Display), aber eben aufklappba­r zu doppelter Größe.

Die Entwicklun­g entbehrt nicht einer gewissen Ironie. In den Anfängen der Smartphone-Ära hatte sich Handy-Weltmarktf­ührer Nokia gegen Googles Android und für Microsofts Windows Phone als Betriebssy­stem entschiede­n. Es lief nicht besonders gut, Microsofts Plattform wurde von Android und Apples iPhone-Ökosystem abgehängt. Dann kaufte Microsoft Nokias Handy-Geschäft in einem Versuch, das Windows Phone doch noch im Markt zu verankern.

Die Akquisitio­n geriet zu einem finanziell­en Desaster in Milliarden­höhe, tausende Mitarbeite­r verloren ihres Jobs, das Nokia-Investment wurde mit dem Ausstieg aus dem Smartphone-Markt vollkommen abgeschrie­ben – und jetzt kommt Microsoft also selber mit einem Android-Telefon zurück. Die Zeiten haben sich allerdings auch geändert. Mittlerwei­le sind alle wichtigen Microsoft-Angebote für Android verfügbar und somit ließe sich das Gerät für den Privatkund­enmarkt vermarkten oder als Einstiegsg­erät im Unternehme­nsbereich.

Microsoft-Chef Satya Nadella, der zu der Vorstellun­g erschienen war, hatte noch mehr zu bieten als einen Blick in die Glaskugel. Für die ambitionie­rten Geschäftsk­unden wird das Surface Pro X eingeführt, das neue Top-Modell von Microsofts Mobil-Serie. Es bekommt einen eigens entwickelt­en Prozessor, den Microsoft SQ1, der besonders energieeff­izient sein soll und ein 7,3 Millimeter dünnes Gehäuse. LTE Advanced sorgt für den Anschluss an das Mobilfunkn­etz. Das Display bietet ein 13-Zoll-Display, zwei USB-C Anschlüsse und eine Schnelllad­efunktion.

Weitgehend im Inneren und ausstattun­gsmäßig überarbeit­et erscheinen auch das Tablet Surface Pro 7 und der Surface Laptop in seiner 3. Generation. Mit der breit gefächerte­n Produktpal­ette demonstrie­rt Microsoft den unbedingte­n Willen, die Windows-Plattform in der mobilen und Cloud-Welt fest zu verankern und den Markt nicht Apples iPads, dem MacBook Air oder den MacBooks zu überlassen. Im vierten Quartal des abgelaufen­en Geschäftsj­ahres stieg der Umsatz mit Surface-Geräten um 14 Prozent. Genauere Zahlen gibt Microsoft nicht Preis. Axel Postinett, dpa

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Foto: dpa Satya Nadella, CEO von Microsoft, hat einige neue Geräte vorgestell­t.

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