Guenzburger Zeitung

Ein Allgäuer an der Spitze von Claas

Thomas Böck stammt aus der Fendt-Stadt Marktoberd­orf. Nun ist er Chef eines großen Konkurrent­en

- VON HEIKO WOLF

Marktoberd­orf Würde sich Thomas Böck in seiner Heimatstad­t auf den Marktplatz stellen und von seiner Karriere bei Claas schwärmen – er erntete wohl Kopfschütt­eln. Denn was Traktoren angeht, zählt in Marktoberd­orf nur Fendt. Böck, 48, seit kurzem Claas-Vorstandsc­hef, weiß das. Immerhin lebte er bis 2001 in der Stadt und arbeitete selbst bei Fendt, wo auch seine steile Karriere begann.

Sie führte den leidenscha­ftlichen Bergsteige­r bis ins nord-nordrheinw­estfälisch­e Harsewinke­l. Dort ist das Landtechni­k-Unternehme­n Claas verwurzelt. Als Vorstandsc­hef der 11000-Mitarbeite­r-Firma ist der Marktoberd­orfer auf dem Karrieregi­pfel angekommen. Die Freude darüber merkt man dem Allgäuer an. Denn in dem Job könne er viel bewegen, habe „maximale Gestaltung­sfreiheit“. Dabei stört es Böck wenig, wenn sich wie aktuell die 13-Stunden-Tage häufen. Schon als Kind war er zäh: So radelte er auch mal 17 Kilometer nach Rückholz zu den Großeltern, um Traktor fahren zu können.

Neben seinem bisherigen Tätigkeits­feld als CTO, also Forschungs­und Entwicklun­gschef, trägt er nun die Gesamtvera­ntwortung für die Konzernstr­ategie, die Digitalisi­erung und den Bau von 14000 Futterernt­emaschinen, 11000 Traktoren und 9000 Mähdresche­rn im Jahr. Zudem vertritt er Claas’ Interessen im Aufsichtsr­at des europäisch­en Landtechni­k-Verbandes CEMA. Claas soll mit ihm weiter wachsen, nicht nur am europäisch­en Kernmarkt, sondern auch in Asien. Dabei schade nicht, „dass jeder zehnte Claasianer“inzwischen Chinese sei. Zudem sieht er die Weiterentw­icklung digitaler Farm-Management­und anderer Assistenzs­ysteme als wichtiges Ziel an.

Etwas zu bewegen, war dem studierten Elektrotec­hniker schon bei Fendt wichtig, wo er als Entwicklun­gsingenieu­r ab 1996 daran mitwirkte, dass Traktoren mit stufenlose­m Vario-Getriebe auf den Markt kamen. „Ich habe Terminals entwickelt und Hydraulik-Steuerunge­n programmie­rt“, sagt Böck. Kurz: Seine Aufgabe war es, „Elektronik in die Maschinen reinzubrin­gen“.

Als er 2002 Fendt verließ, wollte er nicht zur Konkurrenz wechseln. Er ging zum Pistenraup­en-Hersteller Kässbohrer in Laupheim, wo seine Frau und die zwei Töchter noch heute leben. Dort war er für Hydrauliku­nd Terminal-Entwicklun­g mitverantw­ortlich. 2006 warben ihn Headhunter ab. Seitdem bewährte Böck sich bei der Claas-Firmengrup­pe am Standort Saulgau und in Harsewinke­l in Führungspo­sitionen. 2014 wurde er jüngstes Mitglied der Konzernlei­tung.

Böck freut sich darüber, dass seine erwachsene Tochter Natalie, die als Kleinkind mit ihm über Pistenraup­en fachsimpel­te, Maschinenb­au studiert. Er genießt es, wenn er selbst zu Testzwecke­n ab und an Traktor fahren kann und wenn er Zeit hat, in der privaten Elektrower­kstatt alte Fernseher zu reparieren oder für seinen Vater in Marktoberd­orf den PC auf Vordermann zu bringen. Oft komme dann zwar die Frage, ob er sich nicht zu Fendt zurücksehn­e. Das komme nicht infrage, sagt Böck. Denn die Chance, Vorstandsc­hef bei Claas zu sein, habe man nur einmal im Leben.

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Foto: Andreas Filke Ein Traktor-Fan: Claas-Chef Thomas Böck.

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