Wie Urlaubsorte unter der Pleite leiden
Während die Mitarbeiter des Reisekonzerns Thomas Cook noch um ihre Jobs bangen, stehen anderweitig die klaren Verlierer schon fest: Für Reiseländer wie Spanien oder die Türkei ist die Insolvenz ein schwerer Schlag
Augsburg Fast zwei Wochen nach der Insolvenz des britischen Reisekonzerns Thomas Cook zeigt sich ein interessantes Phänomen: Das Last-Minute-Geschäft für die Herbstferien hat außergewöhnlich stark angezogen. Klar, viele spät Entschlossene buchen jetzt noch schnell vor Ferienbeginn. Aber auch zahlreiche Thomas-Cook-Geschädigte, deren Reisen wegen der Insolvenz abgesagt wurden und die nun schnellen Ersatz suchen. Thorsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbandes, sagt, die Reisebüros erlebten derzeit eine „Sternstunde“, der Beratungsbedarf sei „hoch“. Gleichzeitig bangen die Reisebüros um die Provisionen für verkaufte Thomas-Cook-Reisen, was nicht gerade für gute Stimmung bei den Reisevermittlern sorgt.
Eine ganze Branche ist in Habacht-Stellung. 21000 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs Die Auswirkungen der Thomas-Cook-Insolvenz sind aber für die ganze Touristik dramatisch. „Herzstillstand“betitelte die Fachzeitschrift fvw diese Woche ihre Berichterstattung über den Konzernzusammenbruch.
Wie wird es nach der Pleite des britischen Reise-Riesen weitergehen? Erst in den kommenden Wochen werde sich herausstellen, ob der Zusammenbruch der britischen Thomas Cook Group für den deutschen Reisemarkt ein „ordentliches Erdbeben oder ein Tsunami“ist, so Schäfer. Nämlich dann, wenn klar ist, wie es mit den wirtschaftlich erfolgreichen deutschen Töchtern, Condor und vor allem Neckermann, weitergeht. Immerhin war Thomas Cook nach Tui die Nummer zwei auf dem deutschen Reisemarkt.
Klare Verlierer schon jetzt sind Reiseländer wie Spanien, Griechenland und die Türkei. Für die Zielgebiete ist die Pleite ein Tsunami. In Spanien etwa macht der Tourismus elf Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Betroffen sind besonders die Kanaren und die Balearen. Auf vielen Inseln ist der Tourismus die lukrativste Einkommensquelle. Allein auf den Kanaren machten Thomas-Cook-Kunden nach Behördenangaben 20 Prozent aller ausländischen Besucher aus, auf den Balearen zehn bis 15 Prozent.
Spanische Touristiker rechnen nun damit, dass ihre Branche allein schon wegen der offenen Rechnungen durch Thomas Cook mindestens 200 Millionen Euro verlieren wird. Schlag nach der Finanzkrise“. Immerhin hätten 70 Prozent der touristischen Unternehmen Verträge mit dem britischen Urlaubsanbieter. Der griechische Tourismusverband rechnet mit Einbußen von bis zu 300 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr buchten 2,8 Millionen Griechenland-Urlauber ihre Reise bei Thomas Cook. Auf Kreta etwa hatten 70 Prozent aller Tourismusunternehmen Verträge mit dem britischen Reisekonzern. Vlatakis ist sich sicher: „Die Insolvenz wird den griechischen Tourismus nachhaltig verändern.“In Griechenland werde bereits konkret über Staatshilfen für die Tourismusbranche verhandelt.
Auch in der Türkei, die nach einer langen Durststrecke in diesem Jahr ein bemerkenswertes Comeback hatte, wurde nun staatliche Unterstützung für Touristikunternehmen nach der Pleite in Aussicht gestellt. Die Summe der offenen Zahlungen an Hotels beläuft sich hier auf 150 Millionen Euro. Der Zusammenbruch des britischen Reiseunternehmens könnte für die Türkei einen jährlichen Rückgang von bis zu 700 000 Touristen bedeuten, so Angaben des türkischen Hotelverbandes. Vielen Reiseleitern, Kellnern, Zulieferern sei direkt nach der Thomas-Cook-Pleite gekündigt worden.
„Es sind traurige Zeiten“, sagt Thorsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband. Die Pleite von Thomas Cook „sei ein Fall, den sich in seinen Konsequenzen niemand vorstellen wollte und konnte“. Schäfer rechnet jedoch nicht damit, dass die Insolvenz die Deutschen langfristig verunsichern wird. „Es wird weiter im großen Stil verreist werden.“Und es wird Gewinner geben: Deutschland hat 3200 Reiseanbieter.