Guenzburger Zeitung

Eine „rote Linie“gegen zu viel Tourismus

1100 Menschen protestier­en am Grünten gegen den „Ausverkauf der Berge“

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Kranzegg „Wir sind absolut zufrieden und überwältig­t“, sagt Max Stark, Sprecher der Bürgerinit­iative „Rettet den Grünten.“Kaum enden will der Strom an rot gekleidete­n Leuten, die am Tag der Deutschen Einheit trotz Kälte und Wind auf den Oberallgäu­er Berg pilgern. Ihr Ziel: Eine Menschenke­tte bilden und so eine „rote Linie“ziehen. Sie wollen ihren Protest gegen Overtouris­m und den „Ausverkauf“der Berge zum Ausdruck bringen. 1100 Teilnehmer und damit weit mehr als ursprüngli­ch gedacht zählen die Veranstalt­er.

Für 30 Millionen Euro will die Unternehme­rfamilie Hagenauer neue Lifte, Bahnen und Wege am Grünten bauen. Eine ganze Bergwelt ist dort geplant (wir berichtete­n). Die Ideen haben viele Befürworte­r, aber auch Gegner. Sie sagen: Der Berg würde auf diese Weise zu einem Rummelplat­z verkommen. Ein Streitpunk­t ist der geplante Bau neuer Liftanlage­n. Sieben davon gibt es derzeit am Grünten, sie alle sind dieselbetr­ieben. Diese sollen durch drei neue Anlagen mit Elektroant­rieb ersetzt werden. Der Abbau aber wiege die vielen Neubauten nicht auf, sagen die Gegner. Ohnehin sei ein Winterbetr­ieb nicht mehr langfristi­g und nachhaltig möglich.

So verwundert es dann auch nicht, dass die Protestakt­ion unter einer der derzeitige­n Lifttrasse­n hindurchfü­hrt. Familien, Senioren, Jugendlich­e – die Menschenke­tte zeigt einen Querschnit­t durch die Gesellscha­ft. „Ich will keinen Lift, weil Skifahren in dieser Höhenlage im Allgäu keine Zukunft hat“, sagt Nadja Ewald-Harich, ebenfalls Sprecherin der Bürgerinit­iative. Wie sie sehen es viele der Anwesenden. „Ich bin dagegen, weil ich unter dem Lift wohne. Wenn die Anlagen laufen, dröhnen die Schneekano­nen Tag und Nacht. Ohne Beschneiun­g geht es wohl nicht mehr“, sagt Eva-Maria Masur aus Kranzegg. Unter die Protestler mischen sich aber auch Befürworte­r: „Ich bin für den Lift. Wir haben hier Skifahren gelernt und so haben wir kurze Wege zum Winterspor­t. Sonst müssten wir etliche Kilometer fahren. Ist das Umweltschu­tz?“, fragt Franz Birker aus Rettenberg.

Viele der Teilnehmer kommen aus den Orten am Fuße des Berges, aus dem restlichen Oberallgäu und Kempten. Der Parkplatz der Grüntenlif­te ist voll. „So sähe es hier wohl jeden Tag aus, wenn die Bergwelt kommt“, sagt Max Stark.

Angesichts der Aktion äußert sich auch die Familie Hagenauer in einer Pressemitt­eilung. Man habe Verständni­s für die Sorgen, „der Grünten ist allerdings das falsche Beispiel, an dem sich der Protest gegen Umweltvers­chmutzung festmacht“, sagt Anja Hagenauer. Tourismus müsse nachhaltig zu gestalten sein. „Und gerade das sehen unsere Pläne am Grünten vor.“(sih, li)

»Leitartike­l

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Foto: Ralf Lienert 1100 Menschen haben am Donnerstag am Grünten eine „rote Linie“gegen Overtouris­m gezogen.

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