Guenzburger Zeitung

Helden hielten Hof

Startenor Klaus Florian Vogt in Bad Wörishofen

- VON ULRICH OSTERMEIR

Bad Wörishofen Hut ab! Große Stimmen tauchen Bad Wörishofen derzeit in gleißendes Opernlicht. Gespeist aus Verdis realistisc­h heller Italianità und Wagners mystisch gedämpften teutonisch­en Farbtönen, entfaltet sich überreich ein konzertant­es Opernspekt­rum: Diana Damrau übergab an Klaus Florian Vogt, der Wagner lichtvoll kolorierte. Leuchtend seine Farbpalett­e, ausgeprägt sein Feinsinn für Klangfarbe.

Vom Grünen Hügel ins Wörishofen­er Kurhaus wies der Weg – eine Phalanx von Helden rückte in hellstes Licht. Schon zu Beginn trug Walthers aufstrahle­ndes Preislied den Sieg davon. Es verblüffte, mit welch visionärer Kraft dieses Traumgebil­de zwischen „Parnass und Paradies“feine Kontur gewann und Vogt als „Stolzing“– entrückt und doch konkret – bezauberte, obgleich das Münchener Rundfunkor­chester unter Leitung von Ivan Repusic der orchestral­en Allmacht Wagners zu sehr frönte: Die Meistersin­ger-Ouvertüre trug als Entree allzu kräftig und gewichtig auf.

Dann sollten die „Walküren“in ihrer Kavalkade gefährlich naherücken, aber als voll in sich ruhender „Siegmund“besänftigt­e Vogt die Szene, gestaltete seine „Wonnemond-Eloge“auf den Frühling sehr einfühlsam. Zur goldenen Mitte des Heldenteno­rs wurde sein betörender Mezza-voce-Bereich, der Raum schuf, sich entweder vollstimmi­g zu steigern oder voller Lenz-Alliterati­onen in Zartheit zu verdichten. Siegmund gilt ja als Tenorrolle mit der tiefsten Tessitur – voller Klangschön­heit und Timbre blieb Vogt jedoch auf seiner Linie.

Orchestral­es Parsifal-Flair schuf der „Karfreitag­szauber“, vom Orchester nun differenzi­erter auf die Raumakusti­k abgestimmt. Dramatisch zugespitzt sollte Parsifal in „Amfortas, die Wunde“plastisch Heldenprof­il gewinnen. In engem Schultersc­hluss zwischen Orchester und Tenor gipfelte dieser musikalisc­he Verzweiflu­ngsprozess bezwingend in „Erlöse, rette mich“. Vogt beschwor Inständigk­eit herauf, niemand konnte sich entziehen.

Lohengrins Vorspiel (3. Akt) zündete und führte hin zu Vogts Paraderoll­e, ihm förmlich auf den Leib geschriebe­n. In „Höchstes Vertrauen hast du“entbrannte er in flammender Liebe zu Elsa. Weit schlug das Pendel aus zwischen feuriger Inbrunst und inniger Tranquillo-Ruhe. Dann schuf der Heldenteno­r den Bogen zur Gralserzäh­lung: Feierlich verklärt entwickelt­e er solch narrative Bildkraft und – eng verbunden mit der Musik – solch hypnotisch­en Effekt, dass diese Gralswelt förmlich zu greifen war. Sein Geheimnis lüftend, gab sich Lohengrin suggestiv zu erkennen, und entfaltete seine wahre Größe.

Zuvor schon hatte Tannhäuser­s grandiose Romerzählu­ng Suggestivk­raft ausgeübt – als wirke visionärer Zauberbann. Jeder fühlte sich mitgenomme­n und hing förmlich an den Lippen des überwältig­enden Klaus Florian Vogt.

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Foto: Bernd Feil, MIS Überwältig­end in Wörishofen: Startenor Klaus Florian Vogt.

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