Guenzburger Zeitung

Die Heimat des Riedheimer Rötlings

Etliche Pilzarten wurden im Auwald zum ersten Mal entdeckt, einer wurde sogar nach dem Mykologen Manfred Enderle benannt. Die Liste der seltenen Pilze ist so lang, dass viele nicht einmal einen deutschen Namen tragen

- VON ANGELA BRENNER

Leipheim Pilze werden oft verkannt. Klar, gerade jetzt zur Herbstzeit werden sie gerne gesammelt und verspeist. Aber ihre Funktion für unser Ökosystem ist nur wenigen so richtig bewusst und sie bekommen meist nur wenig Aufmerksam­keit. „Pilze nehmen aufgrund ihrer ökologisch­en Vielfalt eine Schlüsself­unktion im Naturhaush­alt ein“, macht sich Manfred Enderle für die Pilze, die er als die „Vergessene­n der Natur“bezeichnet, stark. Jeder Pilz ist wichtig für den Kreislauf der Natur – auch wenn er giftig sein sollte, betont Enderle. Er muss es wissen. Seit Jahrzehnte­n erforscht er die Pilzwelt in den Landkreise­n Günzburg und Neu-Ulm. Im Auwald bei Leipheim hat er eine Spielwiese für seine Leidenscha­ft gefunden, die seinesglei­chen sucht. „Es gibt nichts Artenreich­eres als einen Auwald“, sagt Enderle. Das Gebiet bietet Lebensraum für sehr viele Pflanzen- und Tierarten. Und: Viele von ihnen sind gefährdet oder sehr stark gefährdet oder kommen nur sehr selten vor. Das trifft natürlich auch auf viele Pilzarten zu.

Der Auwald bietet ideale Lebensbedi­ngungen für die Pilze. Der hohe Grundwasse­rstand sorgt für eine hohe Feuchtigke­it, der Boden ist zudem sehr nährstoffr­eich, weiß Enderle zu berichten. So reich wie die Flora und Fauna im Auwald ist, so vielseitig sind auch die Pilzarten, die im Auwald wachsen. Seit mehr als 30 Jahren erforscht der Mykologe den Auwald. Viele Pilze, die er entdeckt hat, sind „Erstfunde für die Landkreise Günzburg und Neusowie für Bayern und sogar für Deutschlan­d“, sagt Enderle.

So wundert es auch nicht, dass im Auwald bei Leipheim Pilzsorten vorkommen, die es sonst nicht oder Ein zinnoberro­ter Kelchbeche­rling fotografie­rt im Auwald

nur selten zu finden gibt. Einer von ihnen ist der Riedheimer Rötling (Entoloma riedheimen­sis). Eine Pilzart, die 1995 zum ersten Mal überhaupt entdeckt worden ist und bisUlm Psathyrell­a saccchario­lens wurde von Manfred Enderle entdeckt.

lang auch nur in diesem Gebiet erforscht werden konnte – nämlich im Riedheimer Auwald, der dem Pilz auch gleich seinen Namen gegeben hat. Ebenfalls ein Erstfund in Deutschlan­d war der „Schnee-Rübling“(Collybia nivalis). Entdeckt hat ihn Enderle im Weißinger Donauwald. Eine ebenfalls seltene Art trägt sogar den Namen des Pilzforsch­ers: Conocybe enderlei oder Enderles Samthäubch­en wurde von österreich­ischen Pilzforsch­ern neu beschriebe­n und wächst ebenfalls am Auwaldrand.

Es ist eine ganze Liste an seltenen und gefährdete­n Pilzarten, die Enderle aufführt, die im Auwald beheimatet sind. Sie alle stehen auf der Roten Liste gefährdete­r Großpilze in Bayern. Viele von ihnen sind so selten, dass sie nur ihre lateinisch­e Bezeichnun­g tragen, einen deutschen Namen haben sie nicht, erklärt Enderle.

Auf Entdeckung­stour ist der Riedheimer zu jeder Jahreszeit. „Pilze gibt es das ganze Jahr über“, erklärt der Mykologe. Interessan­t ist für die meisten natürlich der Spätsommer und der Herbst, die Zeit, in der die meisten Speisepilz­e wachsen. „Aber Sommer wie Winter wachsen Holzpilze, Blätterpil­ze, usw.“Pilze hätten ihn schon immer fasziniert, sagt Enderle. Er hat zahlreiche Fachartike­l und Bücher verfasst. Der Mykologe ist Umweltprei­sträger des Landkreise­s und hat für seine Pilzforsch­ung das Bundesverd­ienstkreuz erhalten und hat weitere Ehrentitel inne.

Der Auwald ist Heimat für eine einzigarti­ge Tier- und Pflanzenwe­lt. In einer kurzen Serie möchten wir auf diese Besonderhe­iten eingehen. Neben den Märzenbech­ern sind auch seltene Schmetterl­ings- und Pilzarten im Auwald zu finden.

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Symbolfoto: Bodo Schackow/dpa Der Auwald bei Leipheim bietet Lebensraum für viele Pilzarten.
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Foto: Manfred Enderle Die Speisemorc­hel ist eine Delikatess­e.
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Foto: Enderle

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