Die Frage der Woche Kastanien sammeln?
Gibt es denn eine Wahl? Gibt es nicht. Kastanien schauen dich an. Braune Knopfaugen. Groß. Wollen aufgehoben werden, angefasst. Ihr Glanz und ihre Geschmeidigkeit drängen sich auf und drängen in die Hand. Sind doch irgendwie wie Lebewesen, die aus dem Nest gefallen sind. Wie sie daliegen, blinkend wie unbezahlbares Münzgeld der Natur. Flutschende Fundstücke – und keine Jacke, keine Hosentasche, keine Fensterbank im Herbst ohne Kastanie. Ihre Maserung schimmert wie geöltes Tropenholz, ihr Fall ein einzigartiges Ploppplopp. Spielzeug in der Hand. Keine wie die andere. Und dann schrumpfen sie dahin, werden alt, trocknen aus. Weihnachten sind sie runzelig, matt und verschrumpelt. Jedes Jahr geht es so. Also gleich liegen lassen? Ginge es um eine bloße Vernunftentscheidung, wäre die Sache einfach. Ein bisschen Disziplin reichte, schon würde man zum Kastanien ignori er er,z um Kastanien liegen lass er, zum Kastanien weg kicker, zum Kastanien platt fahrer, zum Kastanienbloß mit wohl wollen betrachter. Buch eckerlässt man ja auch liegen. Aber es ist ein Impuls aus der Kindheit, der nicht zu domestizieren ist, der in einem kauert wie die Kastanie in der grünen Stachelschale. Wi eder holungszwang.K inder können an Kastanien unmöglich vorbeigehen. Sie müssen sie sammeln, in Tüten, in ausgebeulten Anoraktaschen. Davon hat sich der erwachsene Kastanien auf heber zwar emanzipiert. Er bückt sich nur noch für einzelne Exemplare, er nimmt Pars pro Toto. Mehr als eine, aber weniger als fünf. Also gut: sieben. Keine Ahnung, warum Kastanien dieses Talisman-artige haben, dem nicht zu widerstehen ist. Jetzt lässt sich noch unterscheiden: Die da sind aus dem Wiener Prater, die aus dem Garagenhof, die aus dem Park. Später dann nicht mehr.