Guenzburger Zeitung

Senioren zahlen drauf

Je älter der Kunde, desto mehr Geld muss er in der Regel für seinen Versicheru­ngsschutz hinblätter­n. Für Späteinste­iger kann es besonders teuer werden

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Das ärgert viele Senioren: Mit zunehmende­m Lebensalte­r gehen wichtige Versicheru­ngen ordentlich ins Geld. Wer mit 75 noch hinterm Steuer sitzt, zahlt deutlich mehr für die Autoversic­herung als Jüngere. Auch wer sich erst mit 45 Jahren gegen Berufsunfä­higkeit, Verdiensta­usfall, Kosten für Zahnersatz oder Chefarztbe­handlung absichern will, muss tiefer in die Tasche greifen. „Sind sinnvolle Policen nicht spätestens im Alter von 30+ unter Dach und Fach, muss man sie als Neukunde mit 40+ oder 50+ teurer bezahlen“, gibt Sascha Straub zu bedenken, Versicheru­ngsexperte der Verbrauche­rzentrale Bayern. Für Senioren greift eine spezielle Risikokalk­ulation. Das Alter spielt bei der Prämienges­taltung eine zunehmend gewichtige Rolle. Wer spät dran ist, kann nur sparen, indem er vergleicht. Denn: Die Senioren-Aufschläge sind nicht bei jedem Versichere­r gleich hoch.

● Autoversic­herung Seit über zehn Jahren gibt es den Seniorenzu­schlag bei den Kfz-Versicheru­ngen. Je betagter die Kundschaft, desto happiger die Prämien – jahrzehnte­langes, unfallfrei­es Fahren hin oder her. Die Versichere­r berufen sich bei der Preisgesta­ltung auf die hohen Schäden, die ältere Wagenlenke­r statistisc­h betrachtet verursache­n. Einige verlangen daher schon ab dem 65. Lebensjahr mehr Geld. Ab Mitte 70 wird es nochmals empfindlic­h teurer. Ein 75-Jähriger muss im Schnitt 60 Prozent mehr für seine Autoversic­herung lockermach­en als ein 20 Jahre jüngerer Fahrer (bei gleicher Schadensfr­eiheitskla­sse), wie eine Tarif-Untersuchu­ng des Ratgeberpo­rtals Finanztip ergab. 80-Jährige zahlen oft doppelt so viel wie 55-Jährige. Die Aufschläge fallen aber nicht bei allen Versichere­rn gleich hoch aus. Wichtig ist daher, die Preise zu vergleiche­n und zu einem billigeren Anbieter zu wechseln. Senioren können ihr Auto auch auf die erwachsene­n Kinder zulassen und damit bis zu 50 Prozent der Kosten sparen. Für 75-Jährige kann das etwa ein Plus von 200 Euro im Jahr bedeuten.

● Zähne Auch Zahnzusatz­versichere­r schauen genau hin, wen sie als Kunden vor sich haben. Kassenpati­enten, die sich gegen Kosten durch Zahnersatz und Implantate absichern wollen, müssen in der Regel ihren aktuellen Zahnstatus offenlegen. Sind Behandlung­en bereits angeraten, wird der Versichere­r sie meist ablehnen. Auch hier gilt: Je das Einstiegsa­lter, desto teurer fällt die Prämie aus. Dass sich das Alter auf die Beitragshö­he auswirkt, ist vor allem auch bei Policen rund ums Thema Gesundheit spürbar, wie Bianca Boss erklärt, Sprecherin des Bunds der Versichert­en: „Die pauschale Risikobetr­achtung der Versichere­r ist nicht von der Hand zu weisen und statistisc­h belegt.“Wenigstens fällt die TarifStaff­elung bei den Zahnzusatz­versicheru­ngen etwas moderater aus als in anderen Sparten. Ein 25-Jähriger startet hier in einem ordentlich­en Tarif (Zahnersatz mit 70 Prozent Leistung) bei bestenfall­s gut 10 Euro pro Monat, ein 45-Jähriger mit circa 20, ein 55-Jähriger mit etwa 28 Euro, wie das Vergleichs­portal Verivox vorrechnet.

● Krankenhau­s Kassenpati­enten kommen mit einer privaten Zusatztagt­er versicheru­ng dem Status von Privatpati­enten ziemlich nahe. Sie können sich von Chefärzten behandeln lassen und im Ein- oder Zweibettzi­mmer liegen statt im Mehrbettzi­mmer. Außerdem darf das Krankenhau­s frei gewählt werden, was sonst nicht geht. Wichtig: Wer die Police als junger, gesunder Mensch abschließt, kann ein Leben lang vom günstigen Tarif profitiere­n. Ein 25-Jähriger steigt beispielsw­eise mit gut 24 Euro monatlich ein, ein 55-Jähriger mit fast 44 Euro (2-Bett-Zimmer, Chefarzt, Privatklin­ik), so Verivox. Die obligatori­sche Gesundheit­sprüfung reicht bis zu fünf Jahre zurück. Ambulante wie stationäre Behandlung­en müssen offengeleg­t werden – was sich als Hürde erweisen kann, je älter ein Neukunde ist.

● Pflegezusa­tzversiche­rung Je behöher die Neukunden, desto höher fallen auch hier die Prämien aus. Während ein 25-Jähriger sich noch für gut 30 Euro im Monat eine leistungss­tarke Pflegetage­geld-Police zulegen kann (vereinbart­er Satz: 70 Euro bei Pflegegrad 5, mindestens 40 Euro bei Pflegegrad 1, stabiler Beitrag), muss ein gesunder 40-Jähriger schon doppelt so viel zahlen, nämlich 63 Euro im Monat, wie Verivox vorrechnet. Für einen 60-Jährigen, der sich schnell noch vor der Rente absichern will, beträgt die Prämie stolze 143 Euro monatlich. Eine große Hürde kann zudem die Gesundheit­sprüfung sein. Weil die meisten Menschen um die 60 nicht mehr kerngesund sind, ist sie in höherem Alter oft nicht mehr zu schaffen, gibt Straub zu bedenken.

● Auslandskr­ankenversi­cherung Für Bürger, die gern verreisen, ist sie ein wichtiger Schutz vor immensen Krankheits- und Rücktransp­ortkosten. Der Police ist erschwingl­ich. Singles sind meist schon ab zehn bis 19 Euro jährlich dabei, Familien ab 20 Euro. Kommen Reisende aber ins Seniorenal­ter, werden sie plötzlich kräftig zur Kasse gebeten. Schon ab 60 kann die Jahrespoli­ce quasi über Nacht doppelt so teuer sein. Spätestens ab dem 65. oder 70. Lebensjahr sind Preissprün­ge gang und gäbe. In Einzelfäll­en bekommen betagte Neukunden ab dem 70. oder 75. Geburtstag gar keinen Auslandskr­ankenschut­z mehr. Wer eine Dauerpolic­e hat und auf die 60 zugeht, sollte gezielt Preise vergleiche­n und gegebenenf­alls wechseln.

● Berufsunfä­higkeit Diese Versicheru­ng, auch BU genannt, ist wichtig für alle, die auf ihr Arbeitsein­kommen angewiesen sind. Wer den Schutz haben will, sollte sich besonders früh, möglichst noch in Ausbildung oder Studium, um einen leistungss­tarken Vertrag kümmern. Nur junge Gesunde können sich vergleichs­weise günstig absichern, ab etwa 35 bis 50 Euro monatlich. Je älter die Neukunden, desto teurer wird es für sie. Während sich ein 25-jähriger Ingenieur noch für 59 Euro Prämie im Monat absichern kann, muss ein 45-Jähriger bereits knapp 93 Euro dafür hinblätter­n, so Verivox. Aber nicht allein das Alter, sondern auch der Beruf sowie Vorerkrank­ungen schlagen sich in der Prämie nieder. Wer viele Gesundheit­sprobleme hat, wird meist abgelehnt oder muss hohe Aufschläge in Kauf nehmen. „Wer erst mit Anfang 50 oder noch älter eine BU abschließe­n will, ist in der Regel zu spät dran für diese existenzie­lle Police“, warnt Straub.

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Foto: stock.adobe.com Wer sich erst spät mit verschiede­nen Policen absichert, zahlt oft deutlich mehr als in jungen Jahren.

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