Teure Tomaten
Sie war rundlich, um nicht zu sagen kugelrund. Hatte eine zarte, glatte Haut. Anfangs noch blass, hat diese an der Sonne aber schnell Farbe gewonnen. Ein sattes, leuchtendes Rot.
Sie war meine erste Tomate, meine erste, selbst gezogene Tomate.
Zum ersten Mal haben wir dieses Jahr ein kleines Gärtchen bestellt. Einige Quadratmeter, mitten in der Stadt, im Innenhof. Erde umgegraben, gesät, gepflanzt. Das Unterfangen wurzelte auch im festen Vorsatz, dem vierjährigen Sohn zu zeigen, wie aus Samen Pflanzen wachsen ... und wie lange dies alles dauert. Jetzt, zu Erntedank, hatten wir ein letztes Rendezvous mit unserem Garten, um zu ernten, bevor der Herbst Einzug hält.
Nun ja, ernten ... Im Laufe des Jahres sind immerhin einige Hände Bohnen zusammengekommen. Karotten, die zwar dick, aber so kurz waren, dass sie an Weinkorken erinnerten. Und Tomaten, von denen uns jede so wertvoll, lieb und teuer erschien wie ein altes Schmuckstück.
Zusammengefasst kann sich das Ganze nicht rentieren – verglichen mit dem Wasser, das ich im Hochsommer jeden Morgen an die Tomatenstauden goss und das am Abend schon aufgesogen war. Verglichen mit der Zeit, die wir um die noch zarten Pflänzchen im Garten gebangt und in der wir Unkraut gejätet haben („Mist!, schon wieder eine Karotte ausgerupft …“). Von Schnecken wollen wir jetzt gar nicht reden... Die Idee der Selbstversorgung, sie stößt in der Stadt an Grenzen. Manche versuchen es ja auf dem Balkon. Mit zwanzig Karotten und zehn Tomaten kommt man aber nicht über den Winter. Und die Produktion von Eiern und Rinderbraten werden wir unseren Nachbarn auch nicht zumuten.
Und doch haben wir eines gelernt: die Lebensmittel auch im Supermarkt mehr wertzuschätzen. Und zu sehen, welcher große Aufwand hinter Dingen steckt, die uns selbstverständlich erscheinen.