Indianer von heute, Geister von gestern
„Mir geht es darum, dass unser ganzer Ansatz von Anfang an folgender war: Jugendliche springen aus den Fenstern brennender Gebäude in den Tod. Und wir glauben, das Problem wäre, dass sie springen.“Das ist einer dieser Sätze, von denen dieses Romandebüt so voll ist, dass es seinem Autor ein leuchtendes Etikett eingebracht hat: Tommy Orange ist also demnach „die neue Stimme der Native Americans“.
Tatsächlich ist er Mitglied der Stämme Cheyenne und Arapaho, tatsächlich sind seine Sätze, die Bilder, ist dieser Roman so kraft- und eindrucksvoll, dass „Dort dort“in den USA ein Riesenerfolg bei Kritik und Publikum wurde. Und tatsächlich ist das, was er da in einem Netz aus zwölf Stimmen und Schicksalen über die Identitätssuche der heutigen Indianer-Nachfahren vor allem im Moloch der modernen Großstädte erzählt: bestürzend. „Wenn wir unsere Geschichten erzählen, glauben die Leute, wir wünschten, es wäre anders gelaufen. Sie wollen so was sagen wie ‚schlechte Verlierer‘ und ‚schaut lieber nach vorne‘, ‚schiebt nicht immer nur den anderen die Schuld in die Schuhe‘. Aber tun wir das? Nur wer so viel verloren hat wie wir, sieht das besonders fiese Grinsen von einem, der siegesgewiss sagt: ‚Finde dich damit ab‘. Die Sache ist so: Wenn du dir leisten kannst, nicht über Geschichte nachzudenken (...), dann kannst du dir sicher sein, dass du an Bord des Schiffes bist (...), während andere draußen im Meer treiben, ertrinken …“Wolfgang Schütz