Wie rassistisch ist der Alltag in Deutschland?
Wie schön, wie beruhigend, wenn etwa der Promi-Feuilletonist Ijoma Mangold in seiner Lebenserzählung schrieb, er hätte als Dunkelhäutiger in Deutschland keinen Rassismus erfahren. Eher sei die Frage des Andersseins zum Thema geworden im eigenen Zweifel, der ihn in Überanpassung und Überambition trieb. „Das deutsche Krokodil“hieß das Buch – und dazu gibt es jetzt das Gegenstück: das ebenfalls persönliche und bereits im Titel deutliche „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen – aber wissen sollten“von Alice Hasters.
Die Journalistin (*1989), die sich „eine Schwarze Frau“nennt, erzählt von womöglich oft unbewusstem, aber nicht minder folgenschwerem Rassismus, den sie im Alltag, in der Schule, an ihrem Körper, in der Liebe und in der Familie erfahren hat. Und das Unschöne, das Beunruhigende daran ist: So leicht man sich mitunter davon frei zu machen meint, auch indem man Hasters’ Befunde als doch allzu sensibel und mitunter fragwürdig abtut (etwa wenn sie beklagt, dass es an der deutschen Universität als Standard gelte, Elfriede Jelinek zu kennen und Grass’ „Blechtrommel“gelesen zu haben, Toni Morrison und Maya Angelou dagegen eher unwichtig seien) – im Fortlauf des Buchs bricht sie solche Blockaden auf. Weil es hier in den besseren Passagen (am besten: Liebe) nicht um Belehrung geht, sondern um die eigene und die gegenseitige Wahrnehmung. Es ist der Auftakt zu einem Gespräch. Wolfgang Schütz