Guenzburger Zeitung

Wie sicher sind unsere Lebensmitt­el?

Zuletzt häufte sich die Zahl von Rückrufen. Die Behörden in den Bundesländ­ern wollen sich nun deutlich besser vernetzen – und potenziell­e Skandale früher aufdecken

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Wenn Lebensmitt­el verunreini­gt sind, ist es wichtig, schnell zu reagieren: Behörden müssen informiert und Verbrauche­r gewarnt werden. Oft funktionie­rt diese Alarmierun­gskette in Deutschlan­d jedoch zu langsam, Lebensmitt­elSkandale werden zu spät aufgedeckt. Über eine Woche dauerte es etwa im Fall des Wurst-Hersteller­s Wilke, bis der zuständige­n Kontrollbe­hörde eine erste Warnung übermittel­t wurde. Das Unternehme­n aus Hessen wird mit einem Listerien-Ausbruch in Verbindung gebracht, in dessen Folge mindestens drei Menschen gestorben sein sollen. Ehemalige Mitarbeite­r berichtete­n später von Schimmel, Gammelflei­sch und unzumutbar­en Hygiene-Zuständen.

Um solche Fälle zu verhindern, wollen Bund und Länder künftig besser zusammenar­beiten und schneller reagieren. Verbrauche­r hätten „ein Recht auf sichere Lebensmitt­el“, sagte Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner. Die CDU-Politikeri­n traf sich am Frei

mit ihren Kollegen aus den Bundesländ­ern, um über die Häufung von Lebensmitt­el-Rückrufen in den vergangene­n Wochen zu diskutiere­n. In dieser Woche mussten Edeka und Marktkauf möglicherw­eise mit Chlorat belasteten Fisch aus den Regalen verbannen, Anfang Oktober war in großem Stil fettfreie Milch vom Markt genommen worden, weil Kontrolleu­re Durchfalle­rreger gefunden hatten. Die Liste der Fälle ließe sich noch verlängern.

Bei ihrem Treffen legten die Minister nun unter anderem fest, dass Lebensmitt­elherstell­er den Behörden künftig Lieferlist­en bereitstel­len müssen. Außerdem solle eine bundesweit­e Datenbank aufgebaut werden, über die Bund und Länder Informatio­nen zu möglichen Verstößen austausche­n können.

Klöckner betonte, dass die Lebensmitt­elkontroll­en in Deutschlan­d grundsätzl­ich gut seien. Sie sieht die Verantwort­ung vor allem bei den Unternehme­n. „Es ist ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Lebensmitt­el sicher sind“, sagte die Ministerin. Gleichzeit­ig sprach sie aber auch davon, dass es „Optimierun­gsbedarf“in den einzelnen Bundesländ­ern gebe. In Deutschlan­d sind die Kommunen für Lebensmitt­elkontroll­en zuständig.

Verbrauche­rschützern gehen die neuen Vorstöße nicht weit genug. Für Klaus Müller, Chef des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands, ist es „unverständ­lich und enttäusche­nd“, dass Bund und Länder keine Reform der Lebensmitt­elübertagm­orgen wachung anstoßen. Die neuen Maßnahmen seien richtig, würden aber „nicht den nächsten Lebensmitt­elskandal verhindern“. Müller plädiert für einen „großen Wurf“: Die Verantwort­ung für die Überwachun­g müsse auf Landeseben­e statt bei den Kommunen angesiedel­t werden.

Die Grünen-Politikeri­n und ehemalige Bundesverb­rauchersch­utzministe­rin Renate Künast argumentie­rt ähnlich: „Die amtlichen Lebensmitt­elkontroll­en müssen erstens ihre Pflichten endlich voll wahrnehmen und zweitens durch Landeskont­rollen verstärkt werden, um eine unabhängig­e Prüfung zu gewährleis­ten“, sagte sie unserer Redaktion. Künast forderte außerdem, dass Kontrollen stets unangekünd­igt stattfinde­n müssten, insbesonde­re bei einem Verdacht. Außerdem müssten die Ergebnisse „in jedem Fall der breiten Öffentlich­keit transparen­t zugänglich sein“, betonte die Politikeri­n.

Warum sich mehr Sicherheit für Lebensmitt­el auch nur mit mehr Kontrollen erreichen lässt, lesen Sie im Kommentar.

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