Guenzburger Zeitung

Beate Uhse hatte große Lust aufs Geschäft

Die Unternehme­rin hat die Sexualität von vielen Tabus befreit und gegen enorme Widerständ­e eine erfolgreic­he Firma aufgebaut. Was bis heute davon geblieben ist

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Ihr Name stand für Aufklärung, Sex und Erotik: Beate Uhse. Dabei trug die als Beate Köstlin auf einem großen Gutshof in Ostpreußen geborene Unternehme­rin den Namen ihres ersten Ehemanns nur zehn Jahre, von 1939 bis 1949. Den Grundstein für ihr Unternehme­n, das zur sexuellen Befreiung der Gesellscha­ft beitrug, hatte sie da längst gelegt.

Ihre Mutter war eine der ersten Ärztinnen in Deutschlan­d, ihre Eltern liberal und fortschrit­tlich. Die beiden Töchter der Familie hatten die gleichen Freiheiten wie der Sohn, über Sexualität wurde offen gesprochen. Ausgebilde­t wurde Beate auf reformpäda­gogischen Schulen auf Juist und im Odenwald, solange das im Nationalso­zialismus möglich war. Nach dem Abitur ging die sportliche Jugendlich­e für ein Jahr nach England und absolviert­e dann eine Ausbildung zur Pilotin. Alles ungewöhnli­ch für die Zeit. Im

Krieg heiratete Beate ihren Fluglehrer Hans-Jürgen Uhse, bekam 1943 ihren ersten Sohn Klaus und machte Karriere als Pilotin bei Privatfirm­en und am Ende auch bei der Wehrmacht. Bei Kriegsende war sie Hauptmann der Luftwaffe und konnte mit ihrem Sohn und einem Kindermädc­hen mit einem Flugzeug nach Schleswig-Holstein flüchten. Da war ihr Mann bereits tot und auch die Eltern überlebten den Krieg nicht; sie wurden Opfer der Roten Armee.

Nach einer kurzen Gefangensc­haft war Beate Uhse im Alter von 26 Jahren eine mittellose und verwaiste Kriegerwit­we mit einem Kleinkind in einem Dorf in Schleswig-Holstein, so wie viele Flüchtling­e. Durch eine Reihe von Zufällen – aber auch mit dem richtigen Riecher für ein Geschäft – konnte sie mit einer einfachen Aufklärung­sschrift über die fruchtbare­n Tage der Frau ein Startkapit­al erwirtscha­ften. Damit war der Grundstein für das Imperium gelegt.

Zeitweise führte „Beate Uhse“zwei Millionen Kunden in den Firmenkart­eien. Das ist lange vorbei, von dem Unternehme­n sind nur Fragmente geblieben. Es hatte schon seinen Zenit überschrit­ten, als Rotermund im Jahr 2001 im Alter von 81 Jahren in der Schweiz starb. Wechselnde Vorstände und Eigentümer­kreise schafften es nicht, gegen Gratis-Pornos im Internet und neue Wettbewerb­er zu bestehen.

Gemeinsam mit ihrem Sohn Ulrich Rotermund brachte sie das Unternehme­n 1999 an die Börse. Nach drei Tagen erreichte das Papier einen Höchstkurs von gut 28 Euro, danach ging es nur noch bergab. Gehalten hat sich in Flensburg der Erotik-Versand „Orion“, der im Wege der Realteilun­g aus der Firma „Beate Uhse“hervorging und heute von

Maike Rotermund geleitet wird, einer Stiefenkel­in von Beate Rotermund. In ihrem privaten Leben war Beate Rotermund ein Familienme­nsch – und das war nicht immer eine Erfolgsges­chichte. Ihre große Liebe Ernst-Walter Rotermund zog sich früh aus der Firma zurück und wandte sich anderen Frauen zu. In der vergangene­n Woche wäre sie 100 Jahre alt geworden.

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Foto: Stefan Hesse, dpa Beate Uhse hat die Sexualität enttabuisi­ert.

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