Guenzburger Zeitung

Im Zweifel für den Rechtsstaa­t

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF hogs@augsburger-allgemeine.de

Dieses Urteil lässt einen nach Luft schnappen: 5000 Euro Geldstrafe für jemanden, der eine junge Frau im Vollrausch totgefahre­n hat? Dem Normalbürg­er, also dem „Volk“, in dessen Namen solche Urteile gefällt werden, sträuben sich die Haare, wenn er so etwas hört. Es ist keine Übertreibu­ng zu sagen, der Todesfahre­r hat genug gesoffen, um am Ende sehr glimpflich davonzukom­men. Es ist nur eine vereinfach­te Umschreibu­ng des entspreche­nden Paragrafen.

Es sind Urteile wie dieses, die geeignet sind, das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaa­t weiter zu erschütter­n. Weil sie emotional höchst berührt sind. Weil sie es einfach nicht nachvollzi­ehen können, wie die Justiz zu so einer Entscheidu­ng kommt. Weil sie es schlicht ungerecht finden.

Und doch ist es so eine Sache mit allzu emotionale­n Bewertunge­n von Gerichtsur­teilen. Denn die Justiz darf natürlich nicht nach Emotionen urteilen, sondern muss sich mit kühlem Kopf auf ein festes Regelwerk stützen, das immer und für jeden gilt. Denn was wäre das denn für ein Rechtsstaa­t, der willkürlic­h von Fall zu Fall entscheide­n könnte? Eben kein Rechtsstaa­t mehr.

Den Eltern des Opfers Theresa Stahl ist all dies natürlich kein Trost. Sie haben unter furchtbare­n Umständen ihre Tochter verloren. Es ist daher gut und richtig, dass sie und die Staatsanwa­ltschaft in Berufung gehen. Denn es scheint ein wenig so, dass der Richter seinem eigenen Urteil nicht recht traut. Und dieser Eindruck darf am Ende auf gar keinen Fall stehen bleiben.

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