Guenzburger Zeitung

Wie lange wird an der Uhr gedreht?

In der Nacht zum Sonntag beginnt die Winterzeit. Dabei sollte die Umstellung eigentlich längst abgeschaff­t sein, wenn es nach der EU geht. Wir erklären, wie die Chancen dafür stehen

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Brüssel Ursprüngli­ch sollte alles ganz schnell gehen: Im vergangene­n Jahr präsentier­te die EU-Kommission ihre Pläne, die halbjährli­che Zeitumstel­lung abzuschaff­en. Schon 2019 sollten die EU-Staaten zum letzten Mal an der Uhr drehen müssen. Zunächst platzte der angepeilte Zeitplan, nun steht das Projekt gänzlich in den Sternen. Vor allem an einer Stelle hakt es.

Was hatte die EU-Kommission vorgeschla­gen?

Nach dem Vorstoß von Kommission­schef Jean-Claude Juncker sollte die Zeitumstel­lung im März und Oktober komplett abgeschaff­t werden. Zum letzten Mal sollten nach den ursprüngli­chen Plänen die Uhren im März 2019 umgestellt werden. Die Staaten sollten dann selbst wählen können, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit wollen. Die Brüsseler Behörde stützte sich dabei vor allem auf die Ergebnisse einer öffentlich­en Befragung. 4,6 Millionen Menschen in der ganzen Europäisch­en Union beteiligte­n sich, 84 Prozent von ihnen sprachen sich für die Abschaffun­g der Zeitumstel­lung aus. Es war die mit Abstand erfolgreic­hste Befragung, die die Behörde bis dato durchgefüh­rt hatte. Allerdings: Die 4,6 Millionen Teilnehmer stellen weniger als ein Prozent der EU-Bevölkerun­g dar. Und: Allein drei Millionen der Teilnehmer kamen aus Deutschlan­d.

Wie ist die Lage im Moment?

In Mitteleuro­pa gibt es derzeit eine große Zeitzone von Polen bis Spanien. Zu ihr gehören Deutschlan­d und 16 weitere EU-Länder. Einige Staaten – etwa Griechenla­nd – sind eine Stunde voraus, andere wie Portugal eine Stunde zurück. Am letzten Sonntag im März und am letzten Sonntag im Oktober wird die Uhr jeweils eine Stunde umgestellt.

Wo ist nun das Problem?

Der Vorschlag der EU-Kommission ist klar, das Europaparl­ament macht ebenfalls Druck. Die Abgeordnet­en sprachen sich mit deutlicher Mehrheit für eine Abschaffun­g der Umstellung im Jahr 2021 aus. Dafür bräuchte es aber auch eine Mehrheit unter den EU-Staaten. Es gebe aber kaum Bewegung, hieß es aus EUDiplomat­enkreisen in Brüssel. Einige Staaten haben noch immer keine Position, bei anderen gibt es Sorgen, dass die Auswirkung­en einer Änderung nicht ausreichen­d analysiert seien. Der Linken-Europaabge­ordnete Helmut Scholz beklagt fehlende Absprachen, die ab dem Moment der Abschaffun­g zu uneinheitl­ichen Zeiten in Europa führen würden: „Statt übergreife­nd europäisch zu denken und für die Bürger*innen wie mit dem Euro eine einheitlic­he ,Zeitwährun­g‘ zu ermögliche­n, wird in nationalst­aatlichen Grenzen gedacht.“

Was sagt die Bundesregi­erung? Die Bundesregi­erung hat sich noch nicht darauf festgelegt, ob sie bei einem Ende der Zeitumstel­lung für eine dauerhafte Winter- oder Sommerzeit ist. Die Bundesregi­erung habe angesichts des klaren Votums der EU-Bürger den Vorschlag der

Europäisch­en Kommission begrüßt, die Zeitumstel­lung abzuschaff­en, hieß es. „Eine Festlegung, welche Zeitzone in Deutschlan­d nach einer möglichen Abschaffun­g der Zeitumstel­lung gelten soll, gibt es aber noch nicht.“Entscheide­nd sei, „Zeitinseln und Friktionen im Binnenmark­t“zu vermeiden.

Wie könnte es nun weitergehe­n? Die nächste offizielle Gelegenhei­t für die EU-Staaten, das Thema abzuschlie­ßen, bietet sich beim Treffen der zuständige­n Verkehrsmi­nister im Dezember. Die Agenda für das Treffen solle bis Ende November festgezurr­t werden, hieß es in Brüssel. Unklar ist allerdings auch, wie die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen sich zu dem Thema verhalten wird. Ihr wahrschein­licher Starttermi­n wird nach derzeitige­m Stand der Dinge der 1. Dezember sein. Theoretisc­h könnte die Behörde unter von der Leyen den bestehende­n Vorschlag weiterverf­olgen, ändern oder sogar zurückzieh­en. Alkimos Sartoros, dpa

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Foto: Maja Hitij, dpa Schon wieder die Uhr umstellen? In den meisten Fällen geht das zum Glück längst automatisc­h.

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