Ein Hoch auf die Mutter aller Derbys
Natürlich fiebert der treue Fußballfan an jedem Spieltag verantwortungsbewusst mit seiner Mannschaft mit. Besonders in seiner Ehre gefordert wird der Fan aber durch jene Duelle, die der Experte gemeinhin als „Derby“bezeichnet. Der direkte Vergleich mit einem unliebsamen Lokalrivalen fordert Aktive wie Anhänger bis in die Haarspitzen. Nicht erst seit der Asterix-Lektüre weiß man um den Unterhaltungswert des Kräftemessens zweier benachbarter Volksstämme.
Aus Mangel an Galliern und Römern erfreut man sich hierzulande an Fußball-Duellen auf innerstädtischem Raum, wie beispielsweise jenes zwischen Union Berlin und Hertha (mittlerweile erstklassig) oder dem zwischen dem Hamburger SV und St. Pauli (mittlerweile zweitklassig). Diejenigen, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, werden sich erinnern – es gab auch noch jenes zwischen dem FC Bayern und dem TSV 1860 München (mittlerweile unvorstellbar).
Doch wer mag solchen Kleinigkeiten nachhängen, wenn am Wochenende zum 95. Mal in der Bundesligahistorie das Spiel ansteht, das schon als „Mutter aller Derbys“festgemeißelt ist: Königsblau gegen Schwarz-Gelb! Schalke gegen Dortmund! Revier-Derby!
Wer jemals an diesen zwei DuellTagen im Bundesliga-Jahr einen Fuß in den Ruhrpott gesetzt hat, wird wissen, dass dort nichts so ist wie an den restlichen 363 Tagen. Da droht mitunter schon beim Sicherheits-Check am Flughafen Ungemach. „Schwarz-Gelb oder Blau?“, fragte einmal ein Zollbeamter mit hochgezogener Augenbraue. Der überrumpelte Gast aus Augsburg überlegt kurz, ihm ein fröhliches „Rot-Grün-Weiß“entgegenzuschmettern, hält aus Angst, seinen Koffer nie wieder zu sehen, aber dann doch lieber den Mund. So geht es am Spieltag allen „Zuagroasten“zwischen Dortmund und Gelsenkirchen, die sich und ihre Vereinszugehörigkeit nicht per Trikotfarbe identifizieren.
Deshalb hier ein kleiner Reisetipp für all diejenigen, die sich am Wochenende tatsächlich in den Ruhrpott wagen. Opportunistischer wäre es momentan wohl, Königsblau zu tragen. Bisher haben die Knappen in insgesamt 175 Revier-Derbys mehrheitlich gewonnen. Seit Gründung der Bundesliga 1963 liegen die Dortmunder mit 33 Siegen hauchdünn vor Schalke (32). Doch zuletzt ist die Borussia bemerkenswert nachhaltig aus der Erfolgsspur gerutscht. Und wenn das imageträchtige Revier-Derby am Samstag auch noch über das Wohl und Wehe von BVB-Trainer Lucien Favre entscheidet, kann man die nächste Asterix-Lektüre getrost auf die restlichen 363 Tage des Jahres verschieben.