Wie sich die Zeiten ändern
Dortmunds Trainer Lucien Favre war noch vor wenigen Monaten ein gefeierter Mann. Das ist vorbei. Das Derby gegen Schalke könnte nun schon über seine Zukunft entscheiden
Münster. So ändern sich die Zeiten: Als Schalke 04 im April mit 4:2 bei Borussia Dortmund gewann, zogen sich die Knappen mit dem Dreier ein wenig mehr aus dem Abstiegssumpf. Der BVB jedoch war bedient: Die Niederlage ausgerechnet gegen den Nachbarn bedeutete das Aus im Titelkampf. An diesem Samstag (15.30 Uhr, Sky) begegnen sich beide Revierrivalen in einer veränderten Tabellenkonstellation.
Das hat auch etwas mit den Trainern zu tun. Der eine gerät zunehmend in die Kritik. Lucien Favre hat, nachdem die Dortmunder ihre Titelambitionen artikulierten und nun sogar in der Champions League unter Druck geraten sind, in Dortmund einen schweren Stand. Der andere wird – nach der desolaten zuspiel für Offensivpower sorgte. Dennoch: „Wir durchleben im Moment keine einfache Phase“, bekannte Sebastian Kehl, Leiter Lizenzspielerabteilung. Der Tabellenvierte liegt mit einem Punkt Rückstand auf Primus Mönchengladbach gut im Meisterschaftsrennen. Wahr ist auch, dass der BVB in der Abwehr derzeit unsolide spielt. Aber: Dortmunds Spiel, auch das zeigt die Statistik, hat sich in nahezu allen relevanten Spieldaten kaum verändert. Warum steht Favre also nun und ausgerechnet vor dem Derby in der Kritik, dass sich Michael Zorc genötigt sah, ein Gerücht zu dementieren: das um José Mourinho. „Wir führen keine Trainerdiskussion und sind froh,
Lucien Favre zu rückliegenden Saison und daraus resultierender niedriger Fallhöhe – gefeiert. Auch wenn der Sprung an die Tabellenspitze zuletzt zweimal verbaselt wurde. Die Frage ist, ob Lob hier und Kritik dort berechtigt sind. Dortmund erspielte sich im Laufe der zurückliegenden acht Bundesligaspielen die meisten Torchancen aller Klubs. Ein Beleg, dass Favre eben keinen „Angsthasenfußball“, wie ihm die Süddeutsche Zeitung attestierte, spielen lässt. Im Gegenteil. In der zurückliegenden Spielzeit hielt einzig die Borussia die bajuwarische Übermacht über weite Strecken in Grenzen. Mit Favre-Fußball, in dem Defensivarbeit mit Ballbesitz übersetzt wird und ein exaktes Positionshaben.“
Anders ist die Situation ein paar Kilometer weiter westlich. Unter David Wagner haben die Schalker ihre statistischen Werte und auch die Tabellensituation verbessert: Chancen und Chancenverwertung, Laufleistung und die Anzahl der Tore. Schalkes neuer Sportvorstand Jochen Schneider mag recht haben, als er bei Wagners Vorstellung sagte: „Er kann den Laden anzünden“.
Wagner lässt offensiver spielen, Schalke unterhält mit Pressing und schnellem Umschaltspiel, und: Die Malocher-Mentalität ist zurückgekehrt.
Dass Dortmund in Mailand schwächelte: „Das ist mir relativ latte. Daraus kann man nicht automatisch Vor- oder Nachteile ableiten. Im Derby ist es immer unerheblich, was vorher war“, sagte Wagner.