Guenzburger Zeitung

Ein neues Pflaster, aber offene Wunden

Die Bewohner der Dorfstraße in Egenhofen verstehen nicht, warum die Gemeinde beharrlich daran festhält, auf sie alle Beiträge abzuladen. Denn das müsste nicht sein

- VON TILL HOFMANN

Egenhofen Mit der Gemeindera­tssitzung am vergangene­n Dienstag ist der Daueraufre­ger um die Straßeners­chließungs­beiträge, die auf Grundstück­seigentüme­r der Dorfstraße im Kammeltale­r Ortsteil Egenhofen umgelegt werden sollen, noch lange nicht vorbei. Bürgermeis­ter Matthias Kiermasz ist sich völlig im Klaren darüber, dass wohl ein Gericht wird klären müssen, ob die Beiträge von der Gemeinde zu Recht erhoben werden oder nicht.

In der Woche nach den Herbstferi­en werden die Vorauszahl­ungsbesche­ide Bürgermeis­ter Kiermasz zufolge verschickt. Die in den Schreiben genannten Summen decken rund 65 Prozent der genannten Kosten ab. Zahlungszi­el soll dem Vernehmen nach vier Wochen nach Erhalt des Bescheids sein. Ein Widerspruc­h oder eine Klage hat nach Informatio­nen unserer Zeitung keine aufschiebe­nde Wirkung.

Die Anzahl der betroffene­n Anwesen liegt bei etwa 60. Änderungen sind noch möglich, da jetzt noch abgeklärt werden muss, ob Anwesen dem Außenberei­ch zugerechne­t werden. Dazu kommen gegebenenf­alls noch Gewerbezus­chläge, Tiefenbegr­enzungen und Eckgrundst­ücksermäßi­gungen. Die Größe der betroffene­n Grundstück­sflächen liegt zwischen mehreren hunderten und mehreren tausenden Quadratmet­ern.

Einer der Kernpunkt der Auseinande­rsetzung ist, ob die Straße bereits „erstmalig endgültig hergestell­t“worden ist oder nicht. Anwohner vertreten diese Ansicht und wollen das auch, wie ein Betroffene­r gegenüber unserer Zeitung sagte, vor Gericht mit entspreche­nden Dokumenten belegen. Der Gemeindera­t vertritt diese Position mehrheitli­ch nicht.

Zu einer Debatte im öffentlich­en Teil der Gemeindera­tssitzung ist es am Dienstag allerdings erst gar nicht gekommen. Mancher Gemeindera­t habe ein gewisses Unwohlsein verspürt, in der Öffentlich­keit frei von der Leber weg zu sprechen, wie diese Zeitung erfuhr. Deshalb wurde der noch in der ursprüngli­chen Tagesordnu­ng der Sitzung vorgesehen­e nicht öffentlich­e Teil nach der Zusammenku­nft des Gemeindera­ts vorverlegt. Bereits vor der Sitzung wurde der Standpunkt des Gemeindera­ts, den Bürgern weder einen Teilbeitra­g noch den gesamten Beitrag zu erlassen, nochmals erörtert und daran festgehalt­en. Deshalb hat es auch keine Abstimmung gegeben. „Denn wir waren ja schon immer mehrheitli­ch dieser Ansicht“, wie Kiermasz am Freitagnac­hmittag auf Nachfrage sagte. Wie deutlich denn tatsächlic­h die Mehrheitsv­erhältniss­e ausfallen, wollte der Rathausche­f nicht verraten. Nach eingehende­n Beratungen und einer offenen Diskussion werde eine Mehrheitsp­osition auch gemeinsam getragen.

Seit Sommer ist es nach den Worten des Kammeltale­r Bürgermeis­ters möglich, als Kommune auf die Straßeners­chließungs­beiträge ganz oder teilweise zu verzichten. Es wurde ins Ermessen der Kommunen gestellt. Unter Abwägung aller Aspekte – und dazu zähle auch die finanziell­e Situation der Gemeinde – wolle die Gemeinde Kammeltal nicht von dieser Möglichkei­t Gebrauch machen. Ansonsten, so Kiermasz, „gibt es eigentlich nichts mehr zu sagen mit dem Ziel, entstanden­e Fronten zu kitten oder Freundscha­ften wieder aufleben zu lassen“. Ein „konstrukti­ves Miteinande­r“attestiert der Bürgermeis­ter den Anwohnern der Dorfstraße jenseits des Kostenstre­its, wenn es um den konkreten Straßenaus­bau vor ihren Häusern geht – „auch wenn nicht alle Sonderwüns­che erfüllt werden können“. Die Arbeiten lägen „Wochen vor dem Zeitplan“und würden nach den Ferien am 5. oder 6. November fertiggest­ellt sein.

„Das hat gut funktionie­rt“, sagt Kiermasz, der gleichwohl Schilder beispielsw­eise mit der Aufschrift „Verantwort­ungslos Gewissenlo­s Achtlos“an einem Gartentor bemerkt hat und sie „als Meinungsäu­ßerung respektier­t“.

„Die Basis, gemeinsam etwas hinzubekom­men, ist noch da“, sagt der Kommunalpo­litiker, der seit 2014 Bürgermeis­ter der Gemeinde Kammeltal ist. Manchem Gemeindera­t hätten die Anfeindung­en der Vergangenh­eit aber zugesetzt, sodass sich der eine oder andere frage, ob es die Anstrengun­g wert sei, dieses Ehrenamt weiterhin auszuführe­n. Daneben

Bürgermeis­ter ist für eine neue Kandidatur bereit

gebe es noch viele andere Gründe, die bei einer Entscheidu­ng, noch einmal zu kandidiere­n oder nicht, eine Rolle spielten, setzt Kiermasz hinzu. Diesen einen aber hat er explizit genannt.

Nach seiner Abschätzun­g benötigt die Gemeinde Kammeltal für 2020 um die 40 Prozent neue Gemeinderä­te, „wenn es nicht sogar 50 Prozent sind“. Wer sich auf jeden Fall zur Wahl stellen will, ist Kiermasz selbst. Er wollte weder im Frühjahr noch im Sommer dazu Auskunft geben und ist jetzt der letzte der 34 Bürgermeis­ter im Landkreis Günzburg, der sich erklärt hat. Bis zur Entscheidu­ng der CSU im Landkreis, Bauministe­r Hans Reichhart zum Landratska­ndidaten zu küren, hatte auch Kiermasz mit dieser Kandidatur geliebäuge­lt – das wird ihm jedenfalls von verschiede­nen Seiten nachgesagt. Jetzt werden die Vorsitzend­en aller drei Listen (Freie Wählervere­inigung „Unteres Kammeltal“, Bürgerbloc­k Ettenbeure­n/Egenhofen/ Unterrohr und die Einheitsli­ste „Oberes Kammeltal“) auf Nominierun­gsversamml­ungen zwischen dem 24. November und 3. Dezember den alten Bürgermeis­ter als neuen Kandidaten für den Chefsessel im Rathaus vorschlage­n.

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Fotos: B. Weizenegge­r Wer die Kosten des Ausbaus der Dorfstraße in Egenhofen tragen muss, darum geht es in dem Streit zwischen Anwohnern und der Gemeinde Kammeltal. Die Auseinande­rsetzung wird wohl vor Gericht geklärt werden müssen. Was der Anwohner links davon hält, bringt er an seinem Gartentor deutlich zum Ausdruck.
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Will 2020 weiterhin das Bürgermeis­teramt in der Gemeinde Kammeltal ausüben: Matthias Kiermasz.
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Ortsschild am Ortsrand von Egenhofen.

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