Mein Kind isst ganz fürchterlich
Linker Arm unterm Tisch, Kinn knapp über Tellerhöhe, die Gabel als Schaufel und dann los! Es gibt weltweit ganz unterschiedliche Weisen zu speisen, die Ihres Kindes aber gilt vermutlich weder in Papua-Neuguinea noch in Grönland als fein. Was also tun, wenn beim Essen Schnelligkeitsrekorde gebrochen werden, die Haltung der eines Rückenkranken entspricht und beim Kauen auch das Gaumenzäpfchen zu sehen ist? Den Raum verlassen, es mit Späßen versuchen, von der Großmutter erzählen, deren Haare noch am Stuhl festgebunden wurden? Aufgeben? Wie bringe ich meinem Kind Manieren bei?
Wir haben ihnen alles erklärt! Mehrfach! Sie wissen es also… Ich halte das wie mit den Klamotten. Es gibt Anlässe, da kommt man an gutem Benehmen nicht vorbei. Und es gibt Situationen, da sind wir mal locker. An einem Tag saß ich mit meiner jüngsten Tochter und zwei großen Schüsseln Spaghetti im Bett und schaute Harry Potter.
Wunderbar! Am nächsten Tag kam ihre Freundin und praktizierte die für mich typisch amerikanische Essweise: Alles vorschneiden, Gabel umgreifen, Ellenbogen auf den Tisch und mit der Rechten reinschaufeln – meine Tochter saß daraufhin plötzlich kerzengerade, tupfte sich vor dem Trinken den Mund ab – fast schon peinlich! Alles gut. Andrea, Unternehmerin, drei Töchter (19, 20 und 22)
Ich sehe das entspannt. Solange der Mund beim Kauen zu ist, darf der Ellenbogen auf den Tisch – zumindest zu Hause. Ich finde es viel wichtiger, dass wir uns am Tisch unterhalten und die Zeit gemeinsam nutzen. Da will ich nicht ständig ermahnen. Essen soll Spaß machen. Kürzlich bei einem Fest hatte ein Fünfjähriger total ordentlich gegessen. Ich fand es zwar irgendwie toll, aber auch total unnatürlich. Ich jedenfalls schäme mich nicht für mein Kind, auch wenn es einfach reinschaufelt. Dann schmeckt es! Heike, Marketingassistentin, ein Sohn (5)
Ich biete regelmäßig an, dass wir einen Stall anbauen und mein jüngster Sohn dann gerne da sein Essen zu sich nehmen kann. Abgesehen davon: Nur nie nachlassen! Ständig korrigieren! Androhen, dass das Essen weggenommen wird, der Fernseher ausbleibt, das Handy Pause machen muss. Bitte nicht aufgeben! Es macht mich fertig, wenn schlaue und nette Kinder bei mir beim Essen fast auf dem Tisch liegen. Regina, Angestellte, zwei Söhne (16 und 22) und eine Tochter (27)
» Auch Ihnen brennt eine Erziehungsfrage auf den Nägeln? Dann schreiben Sie uns an Familie@augsburger-allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von den Redakteurinnen Doris Wegner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorinnen des Buches „Supermütter“(erhältlich bei den Service-Partnern unserer
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