Mission – warum?
Ich gebe zu, es schlägt mir zuweilen schon aufs Gemüt, ständig auf vermeintliche oder tatsächliche Fehler der Kirche hingewiesen zu werden. Verständlich, dass viele keine Lust mehr haben, sich zur Kirche zu bekennen. Ab und zu wird zwar bei Festtagsreden gewürdigt, was Menschen der Kirche an Kraft, gutem Willen, Ideen und Einsatz in unsere Gesellschaft einbringen. Doch was hilft das? Trotzdem mag ich kein kirchliches Gejammere oder gar Selbstmitleid. Die Kirche besitzt mit dem Evangelium, mit ihrer Glaubenstradition und den Werten, die sie vertritt, einen großen Schatz. Sie kann allerdings für diesen Schatz nur dann glaubwürdig werben, wenn sie selbst seinen Wert wieder neu begreift, und aus diesem Schatz lebt.
An diesem Sonntag blickt die katholische Kirche auf ihren Missionsauftrag. Viele tun sich damit schwer, doch wer gibt sich schon Rechenschaft, was das bedeuten würde, wenn Gott wirklich abwesend wäre? Wie soll man aber eine Befreiung von der
Sinnlosigkeit einer Welt ohne Gott verkünden, wenn man diese Sinnlosigkeit gar nicht mehr wahrnimmt?
Ich staune immer wieder über das Selbstund Sendungsbewusstsein der ersten Christen. Sie haben das Evangelium als Neuigkeit erfahren und in der eigenen Seele erahnt, was ihnen fehlen würde, wenn sie nicht an den Gott glauben dürften, den Jesus verkündet und erlebbar machte. Das weckte in ihnen eine hohe Motivation, diesen Glauben auch andern vorzuschlagen: mutig und demütig zugleich, bescheiden und offensiv.
Auch wenn wir es nicht merken oder nur selten zugeben: Die meisten Christen haben sich längst an das Evangelium gewöhnt. Der christliche Glaube ist für sie keine Neuigkeit mehr. Man kann aber für diesen Glauben in Wort und Tat nur werben, wenn Gottes Gegenwart in dieser Welt wenigstens da und dort wieder als Schatz entdeckt wird. Ich behaupte, dass es dafür in dieser Welt keine bessere Alternative gibt.