Wie wichtig sind Facebook und Co. für die Landwirte?
Bettina Hanfstingl, Bäuerin aus Oberbayern, pflegt in sozialen Netzwerken das Image des Berufsstands. Nun war sie im Landkreis Günzburg zu Gast. Hier hält sich die Begeisterung allerdings noch in Grenzen
Eine Oberbayerin hat den Landfrauen im Kreis Günzburg soziale Netze schmackhaft gemacht. Doch die Skepsis ist groß.
Landkreis Soziale Netzwerke, also Social Media, dringen mehr und mehr in die Alltagswelt vor, setzen Trends und bestimmen Werthorizonte. Das funktioniert vor allem über das größte Netzwerk „Facebook“, einem nicht unumstrittenen amerikanischen Unternehmen. Es bietet Plattformen für Privatpersonen, Gruppen, Firmen. Bettina Hanfstingl aus Oberbayern setzt auf diese neue Form der Kommunikation. Sie ist auf Twitter unterwegs und gehört zu den begeisterten Nutzern der Plattform. Die Bäuerin mit der Mission, das Image ihres Berufsstandes zu pflegen und ein positives Bild davon in die Welt zu tragen, referierte zur Herbstsitzung der Ortsbäuerinnen im Kreis Günzburg.
Doch ihre Euphorie brachte bei den schwäbischen Landfrauen lediglich verhaltene Reaktionen hervor. Schnell machte das Gespenst des „Shitstorms“die Runde – anonyme Beleidigungen und Vorwürfe, damit müsse man wohl rechnen, fürchten selbst die jüngeren unter den Ortsbäuerinnen, die sich grundsätzlich nicht gegen den Trend stemmen. „Privat nutze ich Facebook“, erklärt auch Kreisbäuerin Marianne Stelzle, aber beruflich sei das keine Option für sie. Damit ist sie nicht allein. Susanne Engelhardt von der Straußenfarm Donaumoos nutzt das Medium für schnelle Kommunikation, sie hat berufsspezifische Aufgaben übernommen, arbeitet auch als Agrarscout und hat in dieser Funktion eine Facebookgruppe. „Aber ansonsten nutze ich das Medium nicht. Das würde viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Das ist nicht meine Welt“, erklärt sie und macht besonders in der Gruppe der unter 30-Jährigen die Facebookgeneration aus.
Kathrin Schleier argumentiert ebenso. Die Chefin von der Bertele Mühle mit ihrem diversifizierten Angebot muss Arbeit und Familie managen. „Wenn man Facebook unternehmerisch nutzen will, muss man viel Zeit und Energie hineinste
Homepage ja, Facebook nein, mit dieser Überzeugung weiß Kathrin Schleier viele Berufskolleginnen aus der Landwirtschaft im Landkreis Günzburg hinter sich.
cken. Da muss man ständig aktuell bleiben, das kann ich nicht bewältigen. Das sieht bei der Homepage anders aus, da muss man nicht andauernd Änderungen vornehmen und auf Posts reagieren.“Die Straußenfarm und die Bertele Mühle aber sind im Netz vertreten. „Wer einen Hofladen betreibt, muss heute auch eine professionell erstellte Homepage haben, wenn er erfolgreich wirtschaften will,“sind sich Susanne Engelhart und Kathrin Schleier einig. Auf der Internetseite der Straußenfarm wird der Hof im Donaumoos vorgestellt. Als sie den Ceres Award erhielt, erläuterte Susanne Engelhardt in einem kurzen Film die Ziele und Besonderheiten ihres Betriebes. Der Film steht seit 2015 auch auf ihrer Website.
Die Leipheimerin belässt es bei dem Firmenporträt und einem Überblick über ihre Angebote. Den Versuch eines Online-Handels musste sie wieder aufgeben. „Das ist nur mit zusätzlichem Personal zu bewerkstelligen, das aber leider nicht zu finden ist. Ich habe schon mit den üblichen Arbeiten mehr zu tun, als wir derzeit leisten können. Wir mussten deshalb die Öffnungszeiten unseres Hofladens reduzieren.“Anders Kathrin Schleier, die für einen Teil ihres Angebotes das Internet nutzt, allerdings keine Lebensmittel vertreibt. „Wir haben Ferienwohnungen und die lassen sich heute nur noch über das Internet vermarkten. Wir sind auch mit einer Wohnung bei Booking, ohne das geht es nicht mehr. Das gilt vor
allem für Gäste aus dem Ausland. Aber für uns ist das eher ein Türöffner als eine Vermarktungsschiene. Unsere Gäste buchen meist direkt bei uns, nachdem sie unsere Homepage gefunden haben.“
Die Bertele Mühle bietet Interessenten auch an, den hauseigenen Newsletter zu abonnieren. „Wenn wir frisch geschlachtet haben, melden wir das den Lesern. Ich weiß zwar nicht, wer aufgrund dieser Information zu uns in den Laden kommt, aber nach der Aussendung merken wir einen deutlichen Anstieg der Kundenfrequenz. Der Newsletter ist sicher die schnellste und einfachste Methode, Interessenten zu informieren.“Für die Straußenfarm und die Bertele Mühle lässt sich die Website mit wenig
Aufwand aktuell halten. Hauptsächlich geht es darum, Termine einzupflegen. Und ab und zu der Seite neuen Pep zu geben, aber das steht nur alle paar Jahre an, ein Zeitaufwand, den der Nutzen rechtfertigt.
Facebook als Präsentierteller des eigenen Betriebes, mit laufend aktuellen Bildern und Informationen, von Bettina Hanfstingl als authentisch, ehrlich, schnell, direkt hochgelobt, hat Adriana Maurer ausprobiert. Die Bäuerin vom Häuserhof, einem mitten im Wald gelegenen Weiler oberhalb von Münsterhausen, wollte wie Hanfstingl Laien die moderne bäuerliche Welt nahebringen und einen offenen Betrieb zeigen. Doch die massiven Anfeindungen, die Kollegen mit ihren Versuchen erfuhren, hat sie zurückschrecken lassen. „So ein Shitstorm ist zu gefährlich. Das ist die ganze Sache nicht wert.“Schließlich weiß man heute, dass solche Aggressionen für die Betroffenen langfristige negative Auswirkungen haben können. Man kann sich gegen die anonymen Feinde nicht wehren. „Wir haben schon immer einen offenen Hof geführt. Bei uns kommen oft Radler vorbei, selbstverständlich zeigen wir ihnen gern unseren Betrieb. Da gibt es keine Geheimnisse. Von Angesicht zu Angesicht lässt sich auch vieles einfacher erklären und Missverständnisse ausräumen.“
„Lieber einen Hof zum Anfassen als einen virtuellen“, meint dazu auch Familie Holzinger. Gulnara und Michael laden beispielsweise gerne Kindergarten- und Schulkinder auf ihren Hof ein. Der Biolandbetrieb mit Sommerweide ist im Umland bekannt. Zusätzliche Werbung brauchen die Holzingers zwar nicht, „wir sind schon jetzt am Anschlag“. Aber grundsätzlich sind die beiden durchaus offen für Neues. „Ich habe da zwar keine Berührungsängste, aber derzeit stehen Homepage und Facebook-Auftritt nicht zur Debatte. Wer weiß, vielleicht wird sich das ja mal ändern. Dann können wir uns durchaus vorstellen, die sozialen Medien für uns zu nutzen.“