Wird Gabriel Autolobbyist?
Der wortgewaltige Ex-Außenminister gilt als Favorit für den Chefposten des Industrieverbandes VDA
Berlin Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ist nach Informationen der Bild am Sonntag Favorit für den Chefposten beim Verband der Automobilindustrie. „Gabriel ist zu 99 Prozent sicher“, zitiert die Zeitung einen nicht genannten Manager der Branche. Der ehemalige Vize-Kanzler sei der Wunschkandidat der Autokonzerne und der Zulieferer. Neben Gabriel soll die frühere CDU-Politikerin Hildegard Müller im Rennen sein, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete. Ihr werden aber nur Außenseiterchancen eingeräumt. „Die Reihenfolge steht fest“, zitiert Bild informierte Kreise. Details sollen dem Bericht zufolge in der kommenden Woche mit Gabriel geklärt werden.
Der Posten des Spitzenlobbyisten der Autoindustrie muss neu besetzt werden, nachdem Bernhard Mattes im September seinen Rückzug zum Jahresende 2019 angekündigt hatte. Der frühere Ford-Manager ist erst seit März 2018 VDA-Präsident, seine Amtszeit läuft eigentlich bis Ende 2020. Der VDA ist einer der einflussreichsten Lobbyverbände in Deutschland, die Autobranche mit mehr als 800000 direkt Beschäftigten eine Schlüsselindustrie. Der Verband gilt als schwer zu führen, weil er die verschiedenen Interessen der Hersteller sowie der Zulieferer unter einen Hut bringen muss. Ihm wird zudem eine große Nähe zur Politik nachgesagt. Die Autoindustrie war aber wegen des Diesel-Skandals schwer unter Druck geraten.
Ein weiteres großes Thema ist die Klimadebatte und der angepeilte Umbau des Autoverkehrs in Richtung E-Mobilität. Gabriel war zuletzt bis März 2018 Außenminister, davor Chef des Wirtschaftsressorts in Berlin – und hatte als Ministerpräsident des Autolandes Niedersachsen auch einen Sitz im Aufsichtsrat bei Volkswagen.
Gabriel ist derzeit noch Abgeordneter des Bundestages für den Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel, wird sein Bundestagsmandat aber zum 1. November abgeben, wie er Ende September angekündigt hatte. In einem Schreiben an Freunde und Weggefährten hatte er diesen Schritt mit „sehr persönlichen Gründen“erklärt. Mit rechtlichen Problemen muss Gabriel bei einem Wechsel in die Wirtschaft nicht rechnen: Das Bundesministergesetz sieht lediglich vor, dass Mitglieder der Bundesregierung „innerhalb der ersten 18 Monate nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des Öffentlichen Dienstes“anzeigen müssen. Allerdings hatte der SPDPolitiker sich selbst kurz nach dem Ausscheiden aus dem Ministeramt distanziert zu einer Tätigkeit als Lobbyist geäußert: „Man soll nicht an Türen klopfen, hinter denen man selbst mal gesessen hat“, sagte er damals der Bild. (dpa)