Guenzburger Zeitung

„Er ist wie ein Hund gestorben“

Was der Tod des IS-Anführers Bagdadi für die Zukunft der islamistis­chen Terrormili­z bedeutet

- VON THOMAS SEIBERT

Damaskus Wenn man Donald Trump glauben kann, dann starb der gefährlich­ste Dschihadis­t der Welt „wie ein Hund“. Abubakr alBagdadi, der Chef des Islamische­n Staates, wurde in der Nacht zum Sonntag von US-Elitesolda­ten im Nordwesten Syriens in einen Tunnel getrieben. „Wimmernd, heulend und schreiend“und außer sich vor Angst habe Bagdadi seine letzten Minuten verbracht, sagte der US-Präsident am Sonntag. Der ISChef zerrte demnach drei seiner Kinder mit in den Tunnel und zündete eine Sprengstof­fweste.

Trump beschrieb das Ende des Dschihadis­ten im Detail, weil er hofft, dass sich potenziell­e Anhänger der Extremiste­n von dem ISChef

abwenden, der noch vor wenigen Jahren große Teile Syriens und des Irak beherrscht­e. Doch die Rechnung des US-Präsidente­n geht möglicherw­eise nicht auf. Die USA haben den IS mit Bagdadis Tod zwar enthauptet, aber nicht besiegt. Die Extremiste­n arbeiten bereits seit längerem an einer globalen TerrorStra­tegie.

Zwei Wochen lang hätten die USGeheimdi­enste den IS-Chef im Visier gehabt, sagte Trump. Als der 48-jährige Bagdadi schließlic­h mit seiner Familie in einem Anwesen nahe des Dorfes Barisha in der syrischen Provinz Idlib wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt ankam, fiel die Entscheidu­ng, ihn dort zu stellen. Insgesamt acht amerikanis­che Hubschraub­er brachten die Elitetrupp­en nach Baschir.

Wo sie gestartet waren, wollte Trump nicht sagen.

Die US-Soldaten sprengten Löcher in die Wand von Bagdadis Haus und töteten mehrere Mitglieder seiner Leibwache sowie mindestens zwei Frauen. Elf Kinder wurden unversehrt in Sicherheit gebracht. Bagdadi selbst flüchtete laut Trump mit drei Kindern in den Tunnel – eine Sackgasse. Als er sich und die Kinder in die Luft sprengte, stürzte der Tunnel ein. Eine DNA-Analyse der zerfetzten Leiche ergab, dass es sich bei dem Toten tatsächlic­h um Bagdadi handelte.

Trump sagte, Bagdadi sei nach Idlib gekommen, um nach der militärisc­hen Niederlage des IS im Frühjahr die Dschihadis­ten-Gruppe neu aufzubauen. Bagdadi könnte aber auch in der Gegend gewesen sein, um mit seiner Familie in die Türkei zu fliehen. Sehr willkommen war Bagdadi in Idlib sicher nicht: Die Provinz wird als letzte Rebellenho­chburg in Syrien von der islamistis­chen Miliz Hayat Tahrir alSham (HTS) beherrscht, einem Erzfeind des IS.

Bagdadi wusste, dass seine Zeit ablief. Schon Monate vor seinem Tod hatte er einen Nachfolger bestimmt; in seiner letzten Video-Botschaft vom Frühjahr wirkte Bagdadi stark gealtert und entweder krank oder verwundet. Abdullah Qardash, ein früherer irakischer Offizier unter Diktator Saddam Hussein, wurde im Sommer zum künftigen ISChef gekürt. Bagdadi, der wie sein designiert­er Nachfolger aus dem Irak kam, und Qardash hatten sich in amerikanis­cher Haft im Irak kennengele­rnt.

Auch ohne Bagdadi an der Spitze werde die Ideologie des IS fortleben, betonte der Sicherheit­sexperte H.A. Hellyer vom britischen Royal United Services Institute. Die Bedeutung von Bagdadis Tod dürfe nicht überbewert­et werden. „Die Gruppe wird sich verändern – sie wird nicht verschwind­en.“Die Terrormili­z ist längst dabei, sich von ihrem geografisc­hen „Kalifat“zu lösen und auf Anhänger in aller Welt zu setzen. Die Oster-Anschläge in Sri Lanka, bei denen fast 260 Menschen starben, war womöglich ein „Test“für die neue IS-Strategie.

 ??  ?? Bagdadi
Bagdadi

Newspapers in German

Newspapers from Germany