Bargeld als Bürde
Wie deutsch man ist, merkt man als Deutscher ja meist erst im Ausland. Wenn all jene Zuschreibungen, die man daheim sofort abstreiten und als böse Klischees brandmarken würde, plötzlich doch ein klitzekleines bisschen zutreffen. Das glauben Sie mir nicht? Ich kann es Ihnen beweisen, mit einer Anekdote aus meinem eigenen Leben: Vergangene Woche war ich in Schweden, jenem Land also, das bis 2030 bargeldlos sein will. Münzen und Scheine verschwinden rasend schnell aus dem öffentlichen Leben – anders als hierzulande, wo uns Deutschen zugeschrieben wird, dass wir besonders treu am Bargeld hängen, es mitunter sogar daheim horten, für schlechte Zeiten.
Natürlich wusste ich all das, als ich meine Reise angetreten habe. Ich hatte gehört, dass die Schweden selbst den Kaffee beim Bäcker mit Karte bezahlen, und gelesen, dass nicht einmal das ABBA-Museum Cash akzeptiert. Und doch traute ich dem Ganzen nicht. Mehrere Tage komplett ohne Bargeld? In Deutschland würde ich ganz ohne Bares niemals durchs Leben kommen. Ich suchte also schon am Stockholmer Flughafen nach einem Geldautomaten – sicher ist sicher, sagte ich mir.
Um es kurz zu machen: Ich lag falsch, und zwar sehr. In Schweden ist Bargeld eine Bürde, man wird es nicht mehr los. Schon am Flughafen scheiterte ich mit dem Versuch, das Bahnticket mit meinen neuen Scheinen zu bezahlen. „Kontantfri“, bargeldlos, war das erste Wort, das ich auf meiner Reise lernte. In den folgenden Tagen suchte ich verzweifelt nach Orten, an denen ich zumindest einen Teil meiner schwedischen Kronen wieder loswerden konnte.
Am Ende hat es geklappt, zumindest leidlich. Am letzten Tag trug ich einen Großteil wieder zum Flughafen – und investierte das restliche Geld in ein halbes Kilo schwedische Schokolade.