Guenzburger Zeitung

Wenn die Katze schlechte Nerven hat

Tiere Manch ein Vierbeiner ist übermäßig scheu und ängstlich. Etliche Besitzer schwören auf Milcheiwei­ß, um ihre Tiere in Stresssitu­ationen zu beruhigen. Aber was steckt dahinter?

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Wer ein nervöses und ängstliche­s Kätzchen hat, braucht viel Geduld, um eine vertrauens­volle Bindung aufzubauen. Milcheiwei­ß kann helfen. Bekommt meine Freundin Lilli Besuch von ihrem Freund, verkrümelt sich Kater Merlin unter dem Sofa. Er kommt erst wieder hervor, wenn Lillis Freund mindestens eine halbe Stunde lang weg ist. Mit den Nachbarkin­dern delt sich um ein Mittel mit Milcheiwei­ß, das als Nahrungsmi­ttelergänz­ung für Hunde und Katzen erhältlich ist. Etliche Tierbesitz­er schwören darauf. Was aber steckt dahinter?

Idee des Präparates beruht auf der alten Weisheit, dass Milch einen beruhigend­en Effekt bei Kleinkinde­rn hat. Diese Wirkung wird einer bestimmten Verbindung im Milcheiwei­ß zugeschrie­ben, die sich Alpha-Casozepin nennt. In ihren ersten Lebenswoch­en verfügen nicht nur Babys, sondern auch Katzenkind­er und Hundewelpe­n über ein Enzym im Körper, das besonders viel Alpha-Casozepin aus dem Milcheiwei­ß verstoffwe­chselt. Dieser Mechanismu­s sorgt für Beruhigung. Mit zunehmende­m Alter lässt der Effekt nach, aber ganz verschwind­et er nicht. In den Nahrungser­gänzungska­pseln befindet sich genau dieser beruhigend­e Stoff aus dem Milcheiwei­ß.

Gründe für Ängste sind vielfältig und meist in der frühen Katzenkind­heit zu finden. Die Angst vor Menschen ist besonders weit verbreitet. Der Grund dafür kann zum Beispiel eine schlechte Erfahrung im ersten Lebensjahr der Katze sein. Das merkt man oft an sehr spezifisch­en Dingen, beispielsw­eise wenn die Katze immer beim Anblick einer Person mit Besen in Panik gerät, bei Menschen mit Stiefeln oder mit Hüten.

Ist die Angst vor Menschen eher unspezifis­ch, hat die Katze evenDie tuell während ihrer kindlichen Sozialisie­rung generell zu wenig angenehmen Kontakt zu Menschen gehabt. Was auch immer die Ursache dafür sein mag, Untersuchu­ngen des Wirkstoffs führten zu dem Ergebnis, dass er die Tiere tatsächlic­h vor einer übermäßige­n Ausschüttu­ng an Stresshorm­onen bewahren kann.

Das Milcheiwei­ß kann bei allgemeine­r Angst als sechswöchi­ge Kur gegeben werden, aber auch kurzfristi­g vor stressigen Ereignisse­n wie einem Umzug. Eine Studie mit Katzen, die Angst vor fremden Personen hatten, führte zu dem Ergebnis: Nach zwei Wochen Milcheiwei­ß-Einnahme war die Angst der Samtpfoten deutlich gelindert. Nebenwirku­ngen gibt es im Prinzip gar nicht.

Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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Foto: Sergey Khamidulin, stock.adobe.com Ist das Kätzchen gestresst und nervös, hilft nach Ansicht von Tierärztin Tanja Warter ein Mittel mit Milcheiwei­ß.
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