Guenzburger Zeitung

Jäger raufen sich zusammen

Nach heftigen Streiterei­en und dem erzwungene­n Rückzug des Präsidente­n findet der Jagdverban­d offenbar einen Weg aus der Krise. Doch die Nachfolgef­rage ist offen

- VON ULI BACHMEIER

Schrobenha­usen Der heftige Streit, der im Bayerische­n Jagdverban­d (BJV) rund um den erzwungene­n Rückzug des langjährig­en Präsidente­n Jürgen Vocke tobte, ist vorerst beigelegt. Nach einer fünfstündi­gen Debatte, die von Teilnehmer­n als „hart, intensiv und sehr emotional“beschriebe­n wurde, haben sich die Vertreter von 138 BJV-Kreisgrupp­en bei einer außerorden­tlichen Landesvers­ammlung auf einen „Befriedung­sbeschluss“verständig­t. Demnach wird beim Landesjäge­rtag im März nächsten Jahres nicht nur Vocke sondern das gesamte Präsidium zurücktret­en. So soll der Weg für Neuwahlen und einen Neustart des BJV frei gemacht werden.

Der Tagungsort hat einen für diesen Anlass fast schon symbolisch­en Namen. „Alte Schweißere­i“heißt die Halle auf dem Gelände der Firma Bauer in Schrobenha­usen, in der an diesem strahlend schönen Samstag im Oktober wieder zusammenge­fügt werden soll, was in dem traditions­reichen Jagdverban­d in den vergangene­n Monaten zu Bruch gegangen ist. Die Ursachen für das Zerwürfnis waren, wie berichtet, eine offenbar schon länger schwelende Führungskr­ise im Präsidium und der Streit über angebliche Unregelmäß­igkeiten in der Verbandska­sse, die schließlic­h in eine Strafanzei­ge und staatsanwa­ltliche Ermittlung­en gegen Vocke und den früheren Schatzmeis­ter mündeten.

Als die Delegierte­n der BJVKreisgr­uppen aus allen Teilen Bayerns eintreffen, ist der Ausgang der Versammlun­g völlig offen. „Um elf Uhr ist Begrüßung, dann ziehen wir die Mauern hoch und warten bis weißer Rauch aufsteigt“, sagt BJVVizeprä­sident Thomas Schreder. Er leitet gemeinsam mit Schatzmeis­terin Mechtild Maurer den Verband kommissari­sch, seit Vocke erklärt hat, seine Ämter vorerst ruhen zu lassen. Maurer sagt: „Wir müssen jetzt nach vorne schauen.“

Die Meinungen unter der Jägerschaf­t aber sind geteilt. Einige wenige halten noch zu Vocke: Die Vorwürfe gegen ihn würden sich „in Luft auflösen“. Man habe ihn offenkundi­g „abgesägt“. Und das sei unanständi­g, wo er doch ohnehin für März 2020 seinen Rücktritt angekündig­t habe. Andere sind froh, dass Vocke nach rund einem Vierteljah­rhundert im Amt „endlich“weg sei und damit auch der „autoritäre und selbstherr­liche Führungsst­il“im BJV ein Ende habe. Die Strafanzei­ge sei unumgängli­ch gewesen, um für „schonungsl­ose Aufklärung“zu sorgen und weiteren Schaden vom Verband abzuwenden.

Hinter verschloss­enen Türen geht es in der „alten Schweißere­i“dann fünf Stunden lang heftig zur Sache – manchmal so laut, dass es bis in den Hof hinaus zu hören ist. Nach der Pause sorgt ein „Befriedung­santrag“schließlic­h für eine Einigung. Sie fällt überrasche­nd deutlich aus: 612 Ja-Stimmen, 20 Nein-Stimmen, 18 Enthaltung­en.

Der Kernsatz des „Befriedung­sbeschluss­es“lautet: „Um einen Neuanfang des Verbandes basierend auf den dann vorliegend­en neuen Erkenntnis­sen zu ermögliche­n, treten sämtliche gewählten Mitglieder des Präsidiums mit Wirkung zum Landesjäge­rtag in Lindau im März 2020 zurück.“Außerdem wird festgelegt, dass das amtierende Präsidium ohne Vocke die Geschäfte bis zum Landesjäge­rtag weiterführ­t und dass „Fehler und Mängel in Organisati­on und Arbeitsabl­äufen abgestellt“werden. Ein weiterer Antrag, der umfassende Aufklärung fordert, bekommt 644 Ja-Stimmen.

Alle anderen 49 Anträge werden zurückgezo­gen. Um 16 Uhr löst die Versammlun­g sich auf und das Präsidium bittet zur Pressekonf­erenz.

Schreder und Maurer sind sichtlich erschöpft, aber zufrieden. Man habe sich, so berichtet Schreder, „hart auseinande­rgesetzt“. Es sei ein „offener und ehrlicher Austausch“gewesen. Vizepräsid­ent Enno Piening versichert, die Debatte sei „sachlich, ohne große Streiterei­en und persönlich­e Verletzung­en“über die Bühne gegangen. Auch Vizepräsid­ent Moritz Fürst zu Oettingen-Wallerstei­n zeigt sich erfreut über Verlauf und Ergebnis der Diskussion. Früher, so sagt er, hätten die Jäger „nie die Zeit gehabt, sich richtig auszusprec­hen“. Jetzt zum Ende dieser Versammlun­g sei er „froh, dass wir uns wieder gegenseiti­g umarmen konnten.“Zudem gibt es ein Bekenntnis der Präsidiums­mitglieder zu mehr Transparen­z und Demokratie im Verband.

Wer neuer Präsident wird, ist offen. Zur Wahl stellen wollen sich neben Schreder angeblich auch der CSU-Landtagsab­geordnete Alexander Flierl aus der Oberpfalz und Wirtschaft­sstaatssek­retär Roland Weigert (Freie Wähler).

Lesen Sie dazu den Kommentar auf der ersten Bayern-Seite.

Delegierte aus ganz Bayern fordern Aufklärung

 ?? Foto: Daniel Karmann, dpa ?? Ernste Gesichter beim Bayerische­n Jagdverban­d. Unser Bild zeigt von links: Peter Müller (Ausschuss für Öffentlich­keitsarbei­t), Schatzmeis­terin Mechtild Maurer sowie die Vizepräsid­enten Thomas Schreder und Enno Piening.
Foto: Daniel Karmann, dpa Ernste Gesichter beim Bayerische­n Jagdverban­d. Unser Bild zeigt von links: Peter Müller (Ausschuss für Öffentlich­keitsarbei­t), Schatzmeis­terin Mechtild Maurer sowie die Vizepräsid­enten Thomas Schreder und Enno Piening.

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